Aufs Wesentliche reduziert

6. August 2007 Walter Gasperi
Bildteil

Mit seinem "Ranown"-Zyklus hat Budd Boetticher in den 1950er Jahren den Western erneuert: Lakonisch geht da ein von Randolph Scott gespielter Cowboy seinen Weg und die Handlung ist so auf Archetypisches reduziert wie die Titel, die da wären "Ride Lonesome", "Comanche Station" oder "The Tall T". – Zeitlos modern sind diese kleinen Meisterwerke durch ihre Lakonie und Knappheit.

Kaum mehr als jeweils 70 Minuten lang sind die sieben Western, die der 1916 geborene und 2001 verstorbene Budd Boetticher zwischen 1956 und 1960 drehte. 12 bis 18 Drehtage reichten diesem Profi für einen Film, ein gleich bleibendes Team und der gleiche Schauplatz sorgten für Kohärenz: Burt Kennedy schrieb die Drehbücher, die Hauptrolle spielte der kantige Randolph Scott, der sich nie zu einem Gesichtsausdruck hinreißen lässt, und produziert wurden die Filme von Joseph Brown und Randolph Scott, die ihre Produktionsfirma durch Verschmelzung ihrer Namen "Ranown" nannten. Gedreht wurde nicht im Studio, sondern "on location" in der Wüstenregion um das kalifornische Lone Pine.

Schon der Schauplatz verleiht diesem Film-Zyklus Kargheit: Braune Felsen und Sand unter strahlend blauem Himmel kennzeichnen die Szenerie. Die eine oder andere Postkutschenstation oder eine Kleinstadt sind die einzigen Orte, die hier von menschlicher Zivilisation künden. Wie der Raum förmlich leergefegt ist, so sind die sich wiederholenden Geschichten aufs Wesentliche reduziert, von seltener Klarheit und Einfachheit: Im Mittelpunkt steht ein wortkarger einsamer Cowboy, der Rache für erlittenes Unrecht üben will. Nicht getrieben, sondern gelassen geht er ans Werk und verlässt am Ende den Schauplatz vielleicht innerlich gelöst, aber äußerlich so allein wie er gekommen ist.

Wenige Figuren gruppiert Boetticher um diesen "Lonesome Rider", die ihn teils unterstützen, ihn teils aber auch beseitigen wollen. Moralische Grenzen von Gut und Böse lösen sich dabei auf und auf den Ritten durch die Wüste – äußere Bewegung korrespondiert hier immer mit einem Wandel der Beziehungen - nähern sich die zunächst scheinbar konträren Figuren einander. – Geredet wird nur wenig. Die Männer – in einer zentralen Nebenrolle tritt meist eine Frau auf – definieren sich über die Tat. Für Psychologisieren ist ebenso wenig Platz wie für Gefühlsduselei. Nicht zu kurz kommt dafür ein feiner Humor.

Das Innere wird - wenn überhaupt - durch die äußere Aktion sichtbar und in der Verschmelzung von Landschaft und Figuren gewinnen diese Western existentialistische Züge. - Nicht von ungefähr schrieb Fritz Göttler, Filmredakteur der Süddeutschen Zeitung über "Seven Men from Now" (1956): "Boettichers Film ist für die amerikanische Gesellschaft von der gleichen Bedeutung wie ein paar Jahre früher Becketts "Warten auf Godot" es war im Nachkriegseuropa."