Atlas. Weltansichten

In Kooperation mit dem Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid und dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe zeigen die Deichtorhallen Hamburg vom 1. Oktober bis 27. November 2011 in der Sammlung Falckenberg (Phoenix-Hallen, Hamburg-Harburg) die interdisziplinäre Ausstellung "Atlas. How to carry the world on one"s back?" Auf welche Weise arbeiten bestimmte Künstler, wie entwickeln sie ihre Ideen? Die von Georges Didi-Huberman kuratierte Ausstellung, ausgehend vom Bilderatlas "Mnemosyne" von Aby Warburg, spannt den Bogen quer durch das 20. bis ins 21. Jahrhundert.

Der "Mnemosyne"-Atlas ist eine zwischen 1924 und 1929 zusammengestellte und unvollendet gebliebene Bildersammlung. Sie zeigt, dass der Kunsttheoretiker Aby Warburg (1866-1929) scheinbar die gleiche Leidenschaft für visuelle Anschauung hegte, wie die Künstler seiner Zeit. Das macht ihn zu einem Zeitgenossen von Künstlern der Avantgarde (Kurt Schwitters, Laszlo Moholy-Nagy), von Fotografen, die im dokumentarischen Stil arbeiteten (August Sander, Karl Blossfeldt), von avantgardistischen Filmemachern (Jean Painlevé) wie auch von Schriftstellern, die sich einer literarischen Montagetechnik bedienten (Benjamin Fondane) sowie von Dichtern und Künstlern des Surrealismus (Georges Bataille, Man Ray). In der bildenden Kunst ist der "Mnemosyne"-Bildatlas nach wie vor für jeden Kunsthistoriker – sowie für jeden Künstler heutzutage – ein Bezugspunkt und eine äußerst faszinierende Fallstudie. Warburg hat unsere Art der Bildwahrnehmung völlig verändert.

Die Ausstellung will die kreativen Prozesse offen legen und formuliert die Frage, wie die Arbeit des Künstlers aus der Perspektive einer authentischen Methode zu sehen ist. Nicht das vollendete Werk, sondern die Arbeitsfläche und Inspirationsquellen stehen im Vordergrund. Wie können wir die Welt betrachten, ohne dem Standard unseres Wissens zu folgen? Entsprechend dieser Fragestellung ist das Konzept von "Atlas" nicht darauf angelegt "Meisterwerke" zu versammeln. Im Vordergrund steht die Aufgabe, Quellen ausfindig zu machen, aus denen Künstler schöpften. So sollen diverse künstlerische Vorgehensweisen nachvollziehbar gemacht werden.

In der griechischen Mythologie musste Atlas das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern tragen, weil er den Göttern des Olymps ihre Macht streitig machte und sich auf die Seite der Menschen stellte; er gilt als Ahnherr der Astronomen und Geografen. Zugleich steht der Begriff "Atlas" für sichtbare Formen von Wissen: sei es die Zusammenstellung geographischer Pläne zu einem geschlossenen Kartenwerk, oder eine Sammlung von Bildern, die auf systematische oder problematische Weise eine Fülle von Dingen veranschaulichen will.

Wenn der Atlas als ein fortwährendes Arbeiten an einer Neuzusammensetzung der Welt erscheint, so liegt dies zuallererst daran, dass die Welt selbst unablässig auseinander fällt. Die Montage der Bilder stellt ein zentrales künstlerisches Mittel dar, um die Geschichte im Vollzug ihres Geschehens zu verfolgen und sie letztlich auseinander zu nehmen, um auf diesem Wege alternative Modelle zu entwerfen.

Beteiligte KünstlerInnen: Francesc Abad, Ignasi Abballí, James Agee, Vyacheslav Akhunov, Josef Albers, Alighiero e Boetti, Louis Aragon, Hans Arp, John Baldessari, Georges Bataille, Bernd und Hilla Becher, Ernst Benkard, Marc Bloch, Barbara Bloom, Karl Bloss-feldt, Erwin Blumenfeld, Christian Boltanski, Jorge Luis Borges, Brassaï, George Brecht, André Breton, Marcel Broodthaers, Stanley Brouwn, Jacob Burckhardt, Victor Burgin, James Coleman, Pascal Convert, DADACO, Michel Leiris, Salvador Dalí, Moyra Davey, Tacita Dean, Guy Debord, El Lissitzky, Max Ernst, Walker Evans, Harun Farocki, Hans-Peter Feldmann, Robert Filliou, Fischli und Weiss, Alain Fleischer, Benjamin Fondane, Alberto Giacometti, Jean-Luc Godard, Francesco de Goya, Ernst Haeckel, Raymond Hains, Susan Hiller, Roni Horn, Douglas Huebler, Charles-Édouard Jeanneret, Mike Kelley, Paul Klee, John Latham, Zoe Leonard, Sol LeWitt, El Lissitzky, Ghérasim Luca, Piero Manzoni, Étienne-Jules Marey, Ernesto de Martino, Gordon Matta-Clark, Henri Michaux, Laszlo Moholy-Nagy, Matt Mullican, Michael Najjar, Bruce Nauman, Dennis Oppenheim, Ulrike Öttinger, Amédée Ozenfant, Jean Painlevé, Guiseppe Penone, Sigmar Polke, Walid Raad (The Atlas Group), Robert Rauschenberg, Man Ray, Gerhard Richter, Arthur Rimbaud, Pedro G. Romero, Charles Ross, Dieter Roth, Thomas Ruff, August Sander, Meyer Schapiro, Stefan Themerson, Rosemarie Trockel, Isidoro Valcárcel Medina, Karl Valentin, Marc Vaux, Jacques Villeglé, Simon Wachsmuth, Franz Erhard Walther, Aby Warburg, Christopher Williams.

Atlas. How to carry the world on one"s back?
1. Oktober bis 27. November 2011

Sammlung Falckenberg
Wilstorfer Straße 71, Tor 2
D 21073 Hamburg - Harburg
T 0049 (0)40 32506762

Ein Besuch der Sammlung Falckenberg ist nur innerhalb von Führungen möglich. Diese finden mittwochs und donnerstags um 18 Uhr, freitags um 17 Uhr sowie samstags und sonntags um 11 und 15 Uhr statt. Eine Anmeldung ist erforderlich und kann telefonisch oder über die Internetseite der Sammlung Falckenberg vorgenommen werden. Gruppen-Sonderführungen sind täglich nach Absprache möglich.