Almost Everything

Originalität ist nicht das Anliegen von Caruso St John, vielmehr geht es um eine Architektur mit einer verbindlichen Präsenz, mit eigener Identität. Die präzise Auswahl von Material und Konstruktion führte beispielsweise beim Brick House (2002) in London zu einer ausdrucksstarken räumlichen Abfolge. Verstärkt wurde die Raumwirkung des Backsteingemäuers durch den sorgfältig kalkulierten Lichteinfall. Beim Umbau und der Erweiterung des Victoria und Albert Museum of Childhood (2003) in London nahmen die Architekten Bezug auf die ursprünglichen Baupläne des Gebäudes und schafften eine konzentrierte, referenzenreiche neue Eingangsfassade, eine Neuinterpretation der "Grammar of Ornament" (1856) von Owen Jones.

Die Jury des Wettbewerbs für ein neues Konzert- und Kongresszentrum in Ascona (CH) (2006) überzeugten Caruso St John mit einer "rhetorischen Figur barocker Prägung", die der Südschweizer Stadt eine neue Stadtkrone verleihen soll. 2008 gewannen sie die Wettbewerbe für einen grossen Baukörper im neuen Planungsgebiet Stadtraum HB und für die Aufwertung des Escher-Wyss-Platzes, beide in Zürich. Das Nagelhaus am Escher-Wyss-Platz, eine 1:1 Rekonstruktion einer in China "gefundenen" Vorlage, führt im dominanten Strassenumfeld zu einer überraschenden formalen Konstellation.

Die Ausstellung zeigt zwölf Projekte, die seit der Gründung des Büros 1990 entstanden sind. Darunter sind bekannte ausgeführte Projekte, Wettbewerbseingaben und aktuelle Planungen. Die Ausstellung zeigt aber auch die imaginären Welten, welche die Arbeit von Caruso St John nähren. Die Architekten legen eine Vielfalt an Referenzen aus der Architekturgeschichte, Kunst, Design, Literatur und Philosophie offen, die für sie ein unerlässliches Fundament für ihre Entwürfe darstellen. Wichtige Vorbilder sind Sir John Soane, Owen Jones, Louis Sullivan, Sigurd Lewerentz und Alison and Peter Smithson, die in der Ausstellung mit Plänen, Fotos und Texten präsent sein werden. Auch verweisen die Architekten auf die langjährige Zusammenarbeit mit der Fotografin Hélène Binet und den Künstlern Thomas Demand und Adrian König.

Adam Caruso (*1962) studierte Architektur an der McGill University in Montreal. Peter St John (*1959) an der Bartlett School und Architectural Association School in London. Beide arbeiteten bei Florian Beigel und Arup Associates. Seit 1990 führen sie ein gemeinsames Büro in London. Die Architekten unterrichteten an der University of North London, an der Accademia di Architettura in Mendrisio, an der University of Bath und an der Harvard University. Zurzeit lehren sie als Gastdozenten an der ETH Zürich (2007-2009).


Die beiden Neuerscheinungen des Polígrafa Verlags Caruso St John. Almost everything, eine umfangreiche Monographie mit vielen Referenzen, und "The Feeling of Things", eine Essaysammlung von Adam Caruso, sind während der Dauer der Ausstellung am Institut gta erhältlich.

Caruso St John - Almost Everything
9. April bis 3. Juli 2009