Adventures in Foam

Mit einem experimentellen Ausstellungsprojekt des Designers Patrick Rampelotto starten das MAK und die Universität für angewandte Kunst Wien, die neue, umfassende Kooperation "Angewandte Kunst. Heute". In "Adventures in Foam" forscht Rampelotto mit einem ungewöhnlichen Material – Polypropylenschaum – nach neuen Formen und Gestaltungsstrategien.

Frei nach Claude Lévi-Strauss orientiert er sich am Begriff der "Bricolage", der "Bastelei", als nicht vorgezeichnetem Prozess mit möglichen Abweichungen und kommt zu höchst komplexen Resultaten: Lampenschirmen, Sitzflächen, Gefäßen oder auch Skulpturen, die in Adventures in Foam bereits von ihm entwickelten Designobjekten gegenübergestellt werden.

Patrick Rampelottos Arbeiten sind klug, fein und vielschichtig; sie drängen sich nicht auf, sondern fordern bei ihren BetrachterInnen die Neugier und die Wahrnehmung subtiler Botschaften und Besonderheiten heraus. Anders als Designprodukte, die erst durch ihre Benutzung eine Funktion erfüllen, erzwingen Rampelottos Objekte keine Interaktion, sie laden ein und bieten an. Auch in "Adventures of Foam" lässt Rampelotto Raum für Assoziation und Inspiration, ohne den Anspruch auf ein marktfertiges Endprodukt zu erheben.

Anfang 2010 stieß Rampelotto auf den für seine aktuellsten Arbeiten verwendeten Polypropylenschaum: Er wird mit einer speziellen Maschine erzeugt, die von der Firma Hammerschmid Maschinenbau in der Nähe von Linz als Pilot zur Herstellung neuartiger Sandwichbauteile für die Maschinen- und Fahrzeugindustrie entwickelt und patentiert wurde. Das Material muss bei einer Temperatur von 140°C binnen Sekunden verarbeitet werden, da es bei Abkühlung rasch erhärtet und formstabil wird. Als einzig bekannte Kunststoffart ist es schäumbar und zugleich lichtdurchlässig. Hammerschmid willigte ein, dem jungen Designer die Maschine samt Techniker zur Verfügung zu stellen. In Folge entwickelte Rampelotto gemeinsam mit seinem Kollegen Fritz Pernkopf den Prototypen für den Hocker "pilot", mit einer Sitzfläche aus 3D-Polypropylen in Sandwichbauweise, der heuer auf der internationalen Möbelmesse in Mailand präsentiert und vom belgischen Label Quinze & Milan seriell produziert wird.

"Adventures in Foam" nahm Rampelotto zum Anlass, künstlerisch frei und abseits eines Produktnutzens mit Polypropylenschaum zu experimentieren. Rampelotto spricht von einer Art "Skizzieren", auf dessen Basis an der Entwicklung eines Produkts weitergearbeitet werden kann. Beispielsweise sieht er in einem für die Ausstellung entstandenen Lampenschirm Potenzial für eine Serienproduktion, bei der dennoch aufgrund der manuellen Herstellung jedes Objekt ein Einzelstück ergibt. Viele Arbeiten Rampelottos, der eine strikte Trennung der Disziplinen ablehnt, oszillieren zwischen Designprodukt und Kunstobjekt. 1978 in Sterzing, Italien, geboren, studierte Rampelotto zunächst Jus und wechselte dann an die Universität für angewandte Kunst Wien. Während seines Industriedesign- Studiums (2000–2006) beschäftigte er sich mit den Materialien Glas, Silikon und Filz in Verbindung mit traditionellen Fertigungsmethoden und Hi-Tech- Produktion.

Aus den Schriften des französischen Anthropologen und Ethnologen Claude Lévi-Strauss bezieht er wesentliche Inspirationen für seine Arbeitsweise. In dessen Publikation "Das wilde Denken" (La pensée sauvage, 1962) stieß Rampelotto auf den Begriff der "Bricolage", den mitunter abwertend betrachteten Begriff des "Bastelns", den er nach seiner Tätigkeit bei der Designfirma EOOS und zahlreichen freischaffenden Entwurfs- und Ausstellungsprojekten nach wie vor als wichtigen Denkanstoß nennt. Ähnlich der Bricolage bei Lévi-Strauss verfolgt Rampelotto eine Designstrategie, in deren Rahmen auch ein Sich-Einlassen auf ein per se nicht zweckbestimmtes, experimentierendes Handeln möglich ist, das gerade durch seine Unmittelbarkeit und Unbestimmbarkeit des Ausgangs zu neuen Ideen und möglichen Lösungsansätzen führen kann.

Die Ausstellung "Adventures in Foam" begleitet Rampelotto mit einer filmischen Arbeit, die unterlegt mit Originalzitaten aus "Das wilde Denken" den Designprozess selbst thematisiert und einen Blick hinter die Kulissen der Produktion der Ausstellungsobjekte ermöglicht.

Patrick Rampelotto. Adventures in Foam
25. Jänner bis 6. Mai 2012