Adolf-Dietrich-Förderpreis 2011

Die Thurgauische Kunstgesellschaft vergibt alle zwei Jahre den mit 15 000 Fr dotierten Adolph-Dietrich-Förderpreis. Damit verbunden ist eine Ausstellung in dem von der Kunstgesellschaft geführtem Kunstraum Kreuzlingen. Nach einer öffentlichen Ausschreibung hat die Jury Ray Hegelbach zum Preisträger ernannt.

Der Preisträger des Adolf-Dietrich-Förderpreises 2011 beackert das Feld der abstrakten Formensprache der Welt der Statistik, er sondiert das Terrain heroischer Bilder beziehungsweise von Portraitbildern mit seiner ganz eigenen Ikonographie. Die sich aufwerfenden Fragen zielen auf die elementaren Bedingungen menschlicher Kommunikation, indem sie das Funktionieren von deren gemeinsamem Zeichenvorrat ins Visier nehmen. Was sagt uns ein Balkendiagramm in einer der inflationär zur Erklärung der Welt verwendeten Statistik wirklich? Was hat es mit den über die schicken Diagramme und bunten Kuchen hinausgehenden Zeichenaussagen auf sich?

Im thurgauischen Busswil aufgewachsen, hat Hegelbach seinen Zugang zur Welt von Kindesbeinen an ausschließlich über Bilder. Deren dargestellte bedeutende Persönlichkeiten, historische Situationen usw. extrahiert er, zeigt uns seine Zitate, Rudimente der Ursprungsbilder und zwar in je neuem Zusammenhang. Ray Hegelbach ordnet diese Dinge anders ein und um, entwickelt eigene Strukturen - er fügt der Welt Neues hinzu. Dies geht mit Zumutungen, Verunsicherungen einher, die er sich wie uns abverlangt.

Zur Preisverleihung erscheint als Teil seines Ausstellungsprojektes ein vom Künstler entworfenes Buch in limitierter Auflage.

Zeitgleich zeigt der Kunstraum Kreuzlingen im Tiefparterre die Ausstellung "Peter Aerschmann - Urban diamonds". Peter Aerschmann, in Fribourg geboren und heute in Bern wohnend, betrachtet seine Videoinstallationen als eine Art Werkzeug, um Bilder und Prozesse der Gegenwart zu analysieren. "Ich simuliere am Bildschirm das alltägliche Leben und untersuche damit das komplexe "System Welt"", so Aerschmann, im Jahr 2011 von einem Stipendienaufenthalt in Südafrika zurück gekehrt. Die neuesten Videoarbeiten des mehrfach ausgezeichneten und international renommierten Künstlers reflektieren Eindrücke auch dieser Reise. Es ist nichts mehr, aber auch nichts weniger als das alltägliche Leben selbst, welches Anschauungs- wie Bildmaterial liefert für sein beständig anwachsendes Archiv an Bildern.

Dieser Baukasten ist die Substanz für die virtuelle Bühne, auf welcher Aerschmann neue Bildwelten konstruiert. Ein hochkomplexer Prozess, dem eine grosse Bandbreite an Aktionen eignet: Die aus ihrem realen Kontext heraus gelösten Figuren und Objekte werden in den virtuellen Raum gestellt – dies indem sie gesammelt, zerlegt, freigestellt, kategorisiert und abgespeichert werden. Beim Aufzeigen spezifischer Aspekte des "Systems Welt" mittels seiner sichtbar technisch konstruierten Collagen geht es Peter Aerschmann darum, sein reales Lebensumfeld ab - zubilden. Freilich sind dabei in seinen Arbeiten die Beschränkungen von Raum und Zeit aufgehoben und haben seine Videos weder eine Erzählstruktur noch einen klar definierten Anfang oder ein Ende. Vielmehr dreht es sich im unendlich laufende Systeme, die immer neue Kompositionen kreieren, um auch nach Tagen und Wochen nicht das exakt gleiche Bild zu zeigen. Eva Grundl

Ray Hegelbach - Adolf-Dietrich-Förderpreis 2011
6. November bis 18. Dezember 2011