69. Filmfestival Venedig: Assayas, Malick, Seidl und nun doch P.T.A.

Ein Mix von Regisseuren rund um die Welt bietet das Line-Up von Festival-Direktor Alberto Barbera für die 69. Internationalen Filmfestspiele von Venedig (29.8. – 8.9.). Die Italiener und die Amerikaner geben im Wettbewerb rein zahlenmäßig mit jeweils drei Produktionen den Ton an, große Namen stehen neben unbekannteren Regisseuren.

Im ersten Line-Up fehlte der Film, auf den man mit größter Spannung wartet, dann wurde er doch noch nominiert: Paul Thomas Andersons "The Master". Fünf Jahre hat sich der 42-jährige Kalifornier für sein Drama über eine Sekte, die an Scientology erinnern soll, Zeit gelassen, nichts weniger als ein Meisterwerk von der Qualität eines "Magnolia" oder "There Will Be Blood" erwartet man nun. Am 1. September wird "The Master" in Venedig seine Uraufführung erleben. Ob er danach der Topfavorit für den Goldenen Löwen ist, wird man sehen.

In den letzten Jahren hat Festival-Direktor Marco Müller mit herausragenden Programmen die Latte hoch für seinen Nachfolger gelegt. Ob der heurige Jahrgang damit mithalten kann, wird man sehen. Gerne hätte man jedenfalls einige Film des soeben auch zumindest teilweise bekannt gegebenen Programms von Toronto schon rein vom Stab her im Venedig-Line-Up gesehen. "Blue Valentine"-Regisseur Derek Cianfrance präsentiert seinen neuen Film "The Place Beyond the Pines" ebenso jenseits des Atlantiks wie Tom Tykwer und die Wachowski-Geschwister "Cloud Atlas", Margarethe von Trotta "Hannah Arendt", Francois Ozon "In the House" oder Cannes-Sieger Laurent Cantet "Foxfire".

Eröffnet wird das Festival am Lido mit Mira Nairs Politdrama "The Reluctant Fundamentalist", der außer Konkurrenz läuft. DAS Schwergewicht im Wettbewerb um den Goldenen Löwen ist sicher Terrence Malick. Nachdem der Amerikaner zwischen 1978 und 2011 in großen Abständen gerade mal vier Filme gedreht hat, legt er nun gerade mal eineinhalb Jahre nach seinem Palmen-Erfolg "Tree of Life" schon ein neues Werk vor. Mit Ben Affleck, Rachel McAdams, Rachel Weisz und Javier Bardem in den Hauptrollen erzählt Malick in "To the Wonder" eine Liebesgeschichte.

Nachdem Ulrich Seidls erster Teil der Trilogie "Paradies" ("Paradies: Liebe") heuer im Wettbewerb von Cannes lief, wurde nun der zweite Teil, der den Titel "Paradies: Glaube" trägt und in dem Maria Hofstätter und Nabil Saleh die Hauptrollen spielen, ins Rennen um den Goldenen Löwen eingeladen. Den zweiten Film innerhalb eines Jahres zeigt auch der Philippino Brillante Mendoza. Nachdem er mit der internationalen Produktion "Captive" bei der Berlinale die in ihn gesteckten Erwartungen nicht erfüllen konnte, blickt man gespannt auf die Premiere von "Thy Womb".

Während der Japaner Takeshi Kitano, der vor 15 Jahren mit "Hana-Bi" am Lido den Goldenen Löwen gewonnen hatte, mit seinen letzten Filmen kaum überzeugen konnte, gehört der Franzose Olivier Assayas nach seinem gewaltigen Biopic "Carlos" vielleicht mehr denn je zu den Großen des internationalen Autorenfilms. Kitano zeigt den Yakuza-Film "Outrage Beyond", mit dem er den vor zwei Jahren am selben Ort vorgestellten und zwiespältig aufgenommenen Vorgänger "Outrage" fortsetzt, von Assayas wird es die Coming-of-Age-Geschichte "Après Mai – Something in the Air" zu sehen geben.

Auf und Abs kennzeichnen auch die Karrieren von Brian DePalma, der mit der französisch-deutschen Produktion "Passion" eingeladen wurde, und die des Koreaners Kim Ki-duk, um den es nach Meisterwerken wie "Frühling, Sommer, Herbst, Winter … Frühling" und "Bin-Jip" ruhig wurde. Nach Venedig bringt er nun "Pieta".

Schon im Vorfeld für Aufsehen sorgte der italienische Beitrag "Bella addormetata", in dem Marco Bellocchio von der 2009 verstorbenen Wachkoma-Patientin Eluana Englaro erzählt. Neben Bellocchio ist Italien auch mit "È stato il figlio" von Daniele Ciprì und "Un giorno speciale" von Francesca Comencini im Wettbewerb vertreten.

Einige große Namen finden sich auch "Außer Konkurrenz". Hier spannt sich der Bogen von Robert Redfords Thriller "The Company You Keep" bis zu "O gebo e a sombra" des 104-jährigen Portugiesen Manoel de Oliveira und von Dokumentarfilmen von Michael Mann (über Libyen) und Jonathan Demme (über den italienischen Musiker Enzo Avitabile) bis zu Susanne Biers in Italien gedrehter Komödie "Love Is All You Need" oder Kiyoshi Kurosawas viereinhalbstündigem "Penance".