59. Berlinale: Grau wie der Himmel - Ein Resümee

16. Februar 2009
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Bei der heurigen Berlinale korrespondierte die Qualität der Filme weitgehend mit dem Wetter. So kühl und wolkenverhangen sich die deutsche Hauptstadt während des Festivals zeigte, so mittelmäßig waren die Filme. Sehenswertes konnte man freilich auch entdecken, doch wirkliche Meisterwerke, die einen restlos begeistern und einen aufblühen lassen, gab es so wenig wie einen strahlenden Sonnentag.

Über die Verlängerung seines Vertrags bis 2013 kann sich Festivaldirektor Dieter Kosslick ebenso freuen wie über den neuen Publikumsrekord, der mit rund 270.000 verkauften Tickets erzielt wurde. Mit dem Niveau der Filme kann man allerdings kaum zufrieden sein.

Das Wettbewerbsprogramm begeisterte auch in den letzten Jahren nicht grenzenlos, aber da gab es zumindest noch die drei bis vier Highlights, die ein Festival braucht und die das Mittelmäßige vergessen lassen. Und es gab vor allem in den letzten Jahren immer auch formal eigenwillige Filme, die aus der Maße herausragten.

Formal auch nur irgendwie innovativ, ja sogar radikal zeigte sich heuer einzig Sally Potter mit "Rage", scheiterte damit aber letztlich. Wenn die Britin einen satirischen Blick auf das Fashion-Business und einen Kriminalfall, der sich in dieser Szene ereignet, werfen will, indem sie sich auf direkt in die Kamera gesprochene Interviews mit Models, Geschäftsführer der Modefirma, einer Journalistin, einem Polizisten, einer Putzfrau und einigen weiteren Personen beschränkt, ist das am Beginn noch originell. Auch das Drehen vor Bluescreen und die Verlagerung der ganzen Handlung auf die Tonspur im Off macht Sinn und zeugt in der Konsequenz von großem Stilwillen, doch sind die Aussagen der Interviewten einfach zu oberflächlich und redundant, als dass dadurch das Interesse am Geschehen aufrecht erhalten werden könnte. – Ermüdend und ärgerlich wird "Rage" somit nach einiger Zeit und nach etwa 20 Minuten begannen die Journalisten bei der Pressevorführung in Massen das Kino zu verlassen.

Einen starken Eindruck hinterließen zwar Hans-Christian Schmids "Storm" und Oren Movermans "The Messenger", aber als Meisterwerke wird man diese Filme auch nicht bezeichnen können. Nett anzuschauen ist Bertrand Taverniers US-Südstaatenkrimi "In the Electric Mist" und zumindest am Beginn sprüht Stephen Frears zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielende Liebesgeschichte "Cheri" nur so vor Ironie, wirklich begeistern konnte man sich aber auch für diese Filme nicht.

Ein Festival lebt sicher nicht nur von den Namen, aber wenn man das Line-Up der Berlinale mit dem vergleicht, was für Cannes jetzt schon angekündigt wird, dann ist doch unübersehbar, dass das deutsche Festival sich mit dem an der Cote d´Azur nicht nur nicht messen kann, sondern dass Welten dazwischen liegen: Neue Filme von – um nur einige Namen zu nennen - Pedro Almodovar, Michael Haneke, Lars von Trier, Quentin Tarantino, Fatih Akin, Ang Lee, Jim Jarmusch oder Alejandro Amenabar werden für das Palmen-Rennen im Mai gehandelt – die Berlinale hatte wohl keinen einzigen Namen von diesem Format im Programm. – Ausgenommen freilich Theo Angelopoulos, dessen "The Dust of Time" allerdings schon letzten Herbst in Venedig laufen sollte, vom Regisseur aber zurückgezogen wurde, weil man seine Wünsche bezüglich Vorführtermin nicht akzeptierte.

Wenn im Wettbewerb der Berlinale nichts ging, dann konnte man sich in den letzten Jahren immer mal wieder im "Panorama" oder "Internationales Forum des Jungen Films" trösten und an wirklich Herausragendem erfreuen. Interessantes und Sehenswertes gab es da fraglos zu entdecken wie den schwedischen "Man Tänker Sitt – Burrowing", Bradley Rust Grays völlig unspektakuläre Liebesgeschichte "The Exploding Girl" oder Sono Sions völlig durchgeknallten "Love Exposure", aber einen Knüller, der das ganze Festival zum Leuchten bringt, fand man auch hier nicht.

Auch der indonesische Film "Laskar Pelangi – The Rainbow Troops", der im "Panorama" lief, ist sicherlich kein Meisterwerk, aber immerhin Kino von großer emotionaler Kraft, das einem das Wasser in die Augen treiben kann. Mit allen Mitteln des amerikanischen Kinos arbeitet Riri Riza in dieser Schulgeschichte aus dem Indonesien der 70er Jahre und schwelgt in Postkartenansichten des Inselstaates. Von den politischen Verhältnissen bekommt man nicht viel mit und die sozialen Zustände werden geschönt dargestellt, dennoch reißt diese Geschichte um zwei Lehrerinnen einer islamischen Grundschule und ihre zehn Schüler nicht zuletzt dank der Natürlichkeit der Darsteller mit und begeistert durch die Leidenschaftlichkeit, mit der hier Schule und die Möglichkeit etwas zu lernen gefeiert werden.