59. Berlinale: Goldener Bär für "La teta asustada"

15. Februar 2009
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Zum ersten Mal lief mit Claudia Llosas "La teta asustada" ("The Milk of Sorrow") ein peruanischer Film im Wettbewerb – und gewann gleich den Hauptpreis. Silberne Bären gingen unter anderem an den deutschen Film "Alle Anderen" und dessen Hauptdarstellerin Birgit Minichmayr.

Die breite Streuung der Filme, die von den diversen Juries ausgezeichnet wurden, sagt schon Einiges über den Wettbewerb aus: Einen wirklich überragenden Film gab es nicht, gepflegtes Mittelmaß dominierte, sodass sich mehrere Filme für den Bären anboten, sich aber keiner aufdrängte.

Dass Claudia Llosas zweiter Spielfilm den Hauptpreis davontrug, kann auch damit zusammenhängen, dass mit Tilda Swinton eine Frau die Jury leitete und ihr mit Isabel Coixet zumindest eine Frau zur Seite stand. Denn "La teta asustada" ist ein echter Frauenfilm. Erzählt wird von einer indigenen Peruanerin, die traumatisiert ist, weil sie das Ergebnis einer Vergewaltigung ist. Um zu verhindern, dass ihr Ähnliches widerfährt wie ihrer Mutter, hat sie sich in die Vagina eine Kartoffel eingeführt, leidet aber zugleich unter Angstzuständen, von denen sie sich im Lauf des Films befreien muss.

Wie schon Llosas Erstling "Madeinusa" ist auch "La teta asustada" bestechend fotografiert, mit der symbolgeladenen Geschichte tut man sich aber trotz einer großartigen schauspielerischen Leistung von Magaly Solier, die den Film trägt, mit fortlaufender Filmdauer schwerer.

Bunt gemischt die "Silbernen Bären" für die uruguyanische Tragikomödie "Gigante", in der sich ein wahrhaft gigantischer Überwachungsbeamte in eine zierliche Putzfrau verliebt, sie aber nicht anzusprechen wagt, das an die dänischen Dogma-Filme erinnernde iranische Drama "About Elly", das Lebenslügen und Brüche in der iranischen Oberschicht sichtbar macht, aber ebenso etwa ab der Hälfte die Geschichte nicht weiterzutreiben vermag, wie Maren Ades Beziehungsgeschichte "Alle Anderen".

Ade fokussiert ganz auf ein Paar im Urlaub und deckt dabei ohne zu dramatisieren, sich auf das Alltägliche konzentrierend in langen Einstellungen unprätentiös Machtspiele auf und wirft Fragen nach Vertrauen auf. In der genauen und geduldigen Beobachtung, in der Art, wie Maren Ade Lars Eidinger und Birgit Minichmayr Raum und Zeit überlässt ihre höchst labile Beziehung vor der Kamera vorzuführen, ist liegen die Stärken von "Alle Anderen". Allerdings wird das - was freilich wieder am Alltäglichen liegt - selten zwingend, gewinnt nie Dringlichkeit und vor allem gelingt es Ade nicht – aber vielleicht will sie das auch gar nicht – den Film zu einem vernünftigen Ende zu bringen, setzt mindestens dreimal dazu an und dann geht es doch wieder weiter. Und das definitive Ende ist dann doch wieder offen, da ja auch die Zukunft der Beziehung offen ist.

Immerhin den Preis für das beste Drehbuch erhielt Oren Moverman und Alessandro Camon für "The Messenger", nur Preise von den unabhängigen Juries gab es dagegen für Hans-Christian Schmids kühler, aber in seiner Präzision packenden Politthriller "Storm" (Amnesty International Filmpreis; Gilde deutscher Filmkunsttheater) und Annette K. Olesens starker Frauenfilm "Little Soldier" (Ökumenische Jury).