59. Berlinale: Die schwarze und hässliche Seite Österreichs

11. Februar 2009
Bildteil

Österreich ist an der Berlinale mit zwei Literaturverfilmungen vertreten. Während Michael Glawoggers Adaption von Josef Haslingers "Das Vaterspiel" nicht wirklich überzeugt, legt Wolfgang Murnberger mit seiner Verfilmung von Wolf Haas "Der Knochenmann" eine perfekte Mischung aus Krimi und schwarzer Komödie vor, die vom Publikum begeistert aufgenommen wurde.

Drei Zeitebenen und zwei weitgehend voneinander unabhängige Erzählstränge verknüpft Michael Glawogger in seiner Verfilmung von Josef Haslingers "Das Vaterspiel". Nicht zu übersehen ist die Konstruiertheit der Ausgangssituation, Spannung entsteht aber gerade dadurch am Beginn, da die Zusammenhänge der einzelnen Mosaiksteine erst langsam klar werden.

Auf der Hauptebene erzählt Glawogger vom jungen Computerspiel-Erfinder Ratz, der im Winter 1999 von Wien nach New York reist, um einer Bekannten bei der Renovierung eines Hauses zu helfen. Während der Fahrt zum Münchner Flughafen erinnert er sich an seine etwa zehn Jahre zurückliegende Studentenzeit und den damaligen Hass auf seinen Vater, einen Minister der SPÖ-Regierung, der ihn veranlasste ein Ego-Shooter-Spiel zu kreieren, in dem man seinen eigenen Vater tötet.

Auf einer zweiten 1959, in Deutschland spielenden Ebene, die einzig aus einer Zeugenaussage besteht, lässt ein litauischer Holocaust-Überlebender seinen Bericht über die Ermordung seines Vaters auf Tonband aufzeichnen und nennt dabei auch den Schuldigen, der dafür vor Gericht gestellt werden soll. Wenn dann beide Geschichten zusammengeführt werden, kommt zu diesem Hass auf den Vater in der Hauptgeschichte und dem Wunsch nach Gerechtigkeit für den getöteten geliebten Vater auf der historischen Ebene noch eine dritte Vater-Nachkomme-Konstellation dazu.

Stark ist Glawoggers Film vor allem im genauen Blick auf österreichische Familienverhältnisse und in den Seitenhieben gegen die österreichische Innenpolitik, eindrucksvoll auch die physische Präsenz von Ulrich Tukur, wenn er erschütternd vom Vorgehen gegen die litauischen Juden berichtet. Doch die Überkonstruiertheit raubt dem Film letztlich jegliches Leben, da die Verschränkung der Handlungsstränge und Zeitebenen keinen Erzählfluss aufkommen lassen und tiefere Ausleuchtung der einzelnen Problemfelder und differenzierte Figurenzeichnung – vom Protagonisten abgesehen, der allerdings wiederum von Helmut Köpping farblos gespielt wird - verhindern. Und auch die Einspielungen von Bildern aus dem Computerspiel, in dem sich der Protagonist von seinem Vater verfolgt fühlt oder aber umgekehrt auf ihn schießt, wirken mehr lächerlich als wirklich zwingend. Statt sich auf ein Thema zu konzentrieren, wirkt "Das Vaterspiel" so leider überfrachtet und besitzt letztlich auch kaum Kinoqualitäten.

Ganz anders sieht das mit Wolfgang Murnbergers dritter Verfilmung eines Krimis von Wolf Haas aus. Nach der Groteske "Komm, süßer Tod!" und dem düsteren, sich am Film noir orientierenden "Silentium", legt Murnberger mit "Der Knochenmann" eine souveräne Mischung aus Krimi und Komödie vor, die bestens unterhält.

Schlagfertige Dialoge mit trockenem Wiener Schmäh, von einem bestens aufgelegten Schauspielerensemble dargeboten, und eine zügig vorangetriebene spannende Krimihandlung, die durch teils reichlich unappetitliche Details wieder ins makaber-witzige kippt, ergänzen sich vorzüglich. Hader als Detektiv Brenner tritt da gar nicht so sehr in den Vordergrund, mehr als seine Ermittlungen stehen die Aktionen des oder der Täter und ihres Umfelds im Mittelpunkt.

Nichts Gutes verheißt es da freilich, wenn schon am Beginn Fleisch durch den Wolf getrieben wird oder Holz gefräst wird. Vorsichtig sollte man in der Folge dann sein, wenn einem ein Gulasch serviert wird. – Kalt und düster ist die winterliche Steiermark von Murnberger und Haas und mehr als einmal isolieren Vogelperspektiven die Figuren im frostigen Umfeld. Verloren wirken die Menschen hier und kaum eine Figur ist in dieser alles andere als idyllischen steirischen Provinz wirklich sympathisch. Wie im Film noir gibt´s am Ende dann auch keine Sieger, froh muss man sein, wenn man mit dem Leben davon gekommen ist. - Und manchen Zuschauer könnten die hier gezeigten Kochkünste eines Wirtes und Schlachters auch zum Vegetarier machen oder zumindest vorübergehend seine Lust an Fleischspeisen einschränken.