24 Stunden in seiner Gewalt

21. Februar 2019 Walter Gasperi
Bildteil

Mickey Rourke brilliert in Michael Ciminos Remake von William Wylers "The Desperate Hours – An einem Tag wie jeder andere" als brutaler Gangster, aber mehr als routiniert inszenierte spannende Unterhaltung wird kaum geboten. Bei Koch Media ist dieser Thriller aus dem Jahr 1990 auf Blu-ray und DVD erschienen.

Mit zwei Filmen hat sich der 2016 verstorbene Michael Cimino in die Filmgeschichte eingeschrieben: 1979 gewann er mit dem dreistündigen Vietnam-Drama "The Deer Hunter" ("Die durch die Hölle gehen", 1978) einen Oscar und ein Jahr später sorgte er mit dem grandiosen Spätwestern "Heaven´s Gate" (1980) für einen der größten Flops der Filmgeschichte. Auch die Kritiken waren zunächst vernichtend, doch als der vom Studio drastisch gekürzte Film in seiner ursprünglich geplanten 220-minütigen Fassung in die Kinos kam, änderte sich die Einschätzung langsam.

Ciminos Karriere war mit diesem kommerziellen Desaster aber auch schon fast wieder zu Ende. Beeindruckend in seiner Ambivalenz war zwar noch der Thriller "Year of the Dragon" ("Im Jahr des Drachen", 1985), doch die Meisterschaft und den Reichtum von "Deer Hunter" und "Heaven´s Gate" erreichte er nie mehr.

1990 drehte er als 51-Jähriger mit dem Remake von William Wylers "The Desperate Hours – An einem Tag wie jeder andere" (1955) schon seinen vorletzten Film. Die Rolle des Gangsters, die im Original Humphrey Bogart spielt, gab er Mickey Rourke, dessen Leistung auch die vielleicht größte Stärke dieses Thrillers ist.

Intensiv spielt Rourke den brutalen Michael Bosworth, dem es zunächst mit Hilfe seiner Anwältin gelingt, aus dem Gefängnis zu entkommen und der sich dann mit seinem Bruder und einem weiteren Gangster in einer Vorstadtvilla einnistet und die dort wohnende Familie als Geisel nimmt.

Die Herkunft von einem Bühnenstück ist "24 Stunden in seiner Gewalt" in der weitgehenden Konzentration auf das Haus anzusehen, gleichzeitig bricht aber Cimino mehrfach diesen geschlossenen Raum mit Szenen, die in der weiten Natur der Nationalparks Utahs spielen.

Der Gegensatz zwischen unberührter Natur und Zivilisation, der im mit Bücherwänden, Gemälden und teuren Möbel vornehm ausgestatten Haus der Oberschicht angedeutet wird, wird aber nicht ausgespielt. So verhindert der mehrfache Schauplatzwechsel den konsequenten Aufbau klaustrophobischer Spannung, den die klassische Home-Invasion böte, und die Aufnahmen der herrlichen Landschaft bieten kaum mehr als Augenfutter.

Unpassend, aber gleichzeitig großartig wirkt hier auch die Sterbeszene eines der drei Gangster inmitten einer Herde von Wildpferden, die David Mansfield musikalisch mit einer Melodie unterlegt, die Erinnerungen an die Filme John Fords weckt.

Insgesamt entwickelt Cimino aber aus dem Terror, den die Gangster gegenüber der vierköpfigen Familie ausüben zwar spannende Unterhaltung, doch wenig holt er letztlich auch aus dem Umstand heraus, dass diese Familie, die in Auflösung begriffen ist, da der Mann eine Affäre mit einer jüngeren Frau hatte, durch diesen Einbruch der Gewalt wieder zusammenwächst.

Das Potential, das in der psychologischen und physischen Konfrontation von Bosworth und dem von Anthony Hopkins gespielten Familienvater steckt, kann Cimino leider nicht wirklich ausloten. Zu schablonenhaft bleiben abgesehen von Rourkes Gangster die Figuren und gewinnen kaum Profil. Vorhersehbar ist auch, dass die Polizei sich an die verdächtige Anwältin heftet und so langsam Bosworths Aufenthaltsort entdeckt und ihn umstellt.

So schillernd Rourke auch diesen hochintelligenten Gangster spielt, der mit schwarzem Anzug und Fliege im Wohnzimmer seiner Geiseln sitzt, nicht nur die Familie terrorisiert, sondern auch die Macht über seine Kumpanen stets behält – allein kann er den Film auch keine Tiefe verleihen.

An Sprachversionen bieten die bei Koch Media erschienene DVD und Blu-ray die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie Untertitel in diesen beiden Sprachen. Die Extras beschränken sich auf den englischen Trailer und eine Bildergalerie.