1514 · Macht Gewalt Freiheit

Die Zeit um 1514 ist voll spannender Ereignisse und Erkenntnisse. Im Bauernaufstand des Armen Konrad, im Bauernkrieg und in der Reformation empörte sich das Volk gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse undrief lautstark nach Freiheiten. Zur gleichen Zeit geschahen wegweisende Entdeckungen, blühte die Wissenschaft auf und setzten die Humanisten neue Maßstäbe. Das Renaissancezeitalter brachte großartige künstlerische Leistungen hervor und der Buchdruck eröffnete das Informationszeitalter.

In dieser Epoche tiefgreifender Umbrüche wird unter der Führung Kaiser Maximilians I. am 8. Juli 1514 zwischen Herzog Ulrich von Württemberg und den Landständen der Vertrag zu Tübingen abgeschlossen. Er zählt europaweit zu den wichtigsten Verfassungsverträgen. Gegen die Übernahme der herzoglichen Schulden garantierte das Abkommen einem selbstbewussten Bürgertum das Recht auf Freizügigkeit, faire Gerichtsverhandlungen und Mitsprache bei der Regierung. Von 1514 bis zur Aufhebung des Vertrags 1805 rangen die Württemberger mit ihren Fürsten um die vertraglich vereinbarten Rechte und Pflichten. Dies prägte die Bevölkerung und ihr demokratisches Selbstverständnis.

Mit über 260 hochkarätigen Exponaten aus großen europäischen Museen, Archiven und Sammlungen, erzählt die Ausstellung in einem breit gefächerten Panorama von den Errungenschaften und Ideen, aber auch von den Krisen und der politischen Willkür der Zeit um 1514. Sie thematisiert das Ringen um den Vertrag zu Tübingen und beschäftigt sich mit dessen Protagonisten, wie der machtvollen Persönlichkeit Kaiser Maximilians I., dem widersprüchlichen Herzog Ulrich oder den nach Freiheiten strebenden Bürgern und Bauern.

Kein geringerer als Albrecht Dürer hat den gehaltvollsten und nach wie vor zutreffendsten Blick auf die Zeit um 1514 und seine Zeitgenossen geworfen. Auf höchstem künstlerischen Niveau beschrieb er die ehedem handelnden Personen und deren Standeszugehörigkeit in einem Spektrum, das vom Kaiser und den Fürsten, bis zu den Söldnern und Landsknechten, von den großen Humanisten, den Patriziern und Bürgern, bis zu den Handwerkern und Bauern reicht. Deshalb ist er, neben namhaften Künstlern wie Hans Burgkmair d.Ä., Albrecht Altdorfer, Lucas Cranach u.a. der wichtigste Zeitzeuge und Bildgeber der Ausstellung.

Das Fortwirken des Vertrags vom 16. bis ins 19. Jahrhundert ergibt aufschlussreiche Begegnungen mit Kaiser Karl V. und Ferdinand I., den Herzögen Christoph und Karl Eugen von Württemberg sowie dem Preußenkönig Friedrich dem Großen. Noch im 19. Jahrhundert haben sich der Reformpolitiker Freiherr vom Stein, der Philosoph Hegel, die Patrioten Uhland und Hauff oder der Revolutionär Friedrich Engels mit dem Vertrag zu Tübingen auseinandergesetzt. Nicht zuletzt kommen zeitgenössische Künstler wie Sigmar Polke und Andy Warhol in der Ausstellung zu Wort, sofern sie auf historische Ereignisse und Persönlichkeiten Bezug genommen haben.

Die Universitätsstadt und die Kunsthalle Tübingen nehmen die 500-jährige Wiederkehr der Vertragsunterzeichnung zum Anlass in einer großen, von Götz Adriani und Andreas Schmauder kuratierten Sonderausstellung auf die für Europa bewegende Zeitenwende vom Ende des Mittelalters zur Renaissance einzugehen und die historische Bedeutung des Vertrags zu Tübingen zu würdigen.

Künstler: Albrecht Dürer, Albrecht Altdorfer, Hans Burgkmair, Lucas Cranach, Israel van Meckenem, Lucas van Leyden, Bernhard Strigel, Hans Sebald Beham, Hans Maler, Jörg Breu, Michael Ostendorfer, Matthias Gerung, Sigmar Polke, Andy Warhol


1514 · Macht Gewalt Freiheit
Der Vertrag zu Tübingen in Zeiten des Umbruchs
8. März bis 31. August 2014