10 Jahre NRW-Forum

Wo die Wochenzeitung DIE WOCHE schon eine "Werkstätte der Zukunft" erblickte, da sah DIE WELT im Herbst 1998 eher "Amerikanische Verhältnisse am Rhein" heraufziehen. Am 9. Oktober 1998 wurde das NRW-Forum Kultur und Wirtschaft Düsseldorf eingeweiht – die Besucher saßen in leeren Räumen und hörten und erlebten Installationen von John Cage, ausgeführt von der Musikfabrik NRW.

Viele Besucher scheuten die Eröffnungsrede des damaligen Direktors des Solomon R. Guggenheim Museums, Thomas Krens, wie der Teufel das Weihwasser. Das NRW-Forum, hervorgegangen aus dem ehemaligen Landesmuseum Volk und Wirtschaft im Ehrenhof, machte alles anders: Zu den Trägern des Hauses gehörten neben Stadt und Land auch die Messegesellschaft Düsseldorf und weitere private Förderung. Statt eines Direktors gab es ein outgesourctes Management, Petra Wenzel und Werner Lippert - beide vorher erfolgreiche Werbeexperten, und statt 29 Mitarbeitern arbeiteten plötzlich nur noch 8 Festangestellte. Und bis zu 85% des Ausstellungsetats werden vom Hause selber generiert - über Eintrittsgelder, Vermietung, Shopeinnahmen und Sponsoring. Der Name des Hauses "... Kultur und Wirtschaft" war programmatisch gemeint. Kein Wunder, daß viele Kollegen auf ein rasches Ende dieses Experimentes Wetten abschlossen.

Am 23. Januar 1999 begann die erste Ausstellung des NRW-Forum: "und läuft und läuft und läuft." Inzwischen sind 10 Jahre vergangen. Anlaß, die 66 Ausstellungen und ihren Widerhall in der Presse Revue passieren zu lassen. Dazu veröffentlicht das NRW-Forum jetzt ein Katalogbuch mit Fotos aller Ausstellungen und den Headlines aus der Presse. Ein solches Modell könne nur in Düsseldorf gedeihen, blickt Kulturdezernent Hans-Georg Lohe, vom ersten Tag an dabei, auf 10 Jahre zurück: "Ein starkes kulturelles Angebot wird hier - in Düsseldorf - von Rat und Verwaltung genauso gefordert und gefördert wie von Bürgerschaft und Wirtschaft."

Von Beginn an suchte das NRW-Forum bewußt Ausstellungsthemen, die aus dem angestammten Kanon der Kunstmuseen ausbrachen und dem Haus eine Alleinstellung versprachen - einerseits auf den Inhalt selber und andererseits natürlich auch auf die Kommunikation mit Zielgruppen abzielend. Heute nennt man dieses Konzept "Konvergenz" - und meint das Zusammenwachsen etwa von Kunst und Kommerz, von Mode und Fotografie, von Musikclips und Videokunst. Das ist das zugrundliegende Konzept für das Ausstellungsprogramm des NRW-Forum.

Konvergenz steht in diesem Jahrzehnt als Oberbegriff (ursprünglich aus der Innovations- und Medientheorie stammend) für das Zusammenwachsen ehemals getrennter Bereiche. Die Verschmelzung von TV und Internet wird hier ebenso angesprochen wie die sich auflösenden Grenzen zwischen Malerei und Fotografie. Konvergenztendenzen lassen sich aber auch in anderen Disziplinen beobachten, etwa in der Architektur wo Fassaden zu Trägern für bewegte Bilder werden. Oder in der Mode – etwa, wenn in den Cat Walks von Alexander McQueen, wie in seiner Ausstellung im NRW-Forum zu sehen, Theater, Performance, Mode zusammenwachsen, oder wenn bei Hussein Chalayan Theater und Skulptur einander durchdringen.

Während das Ausstellungsprogramm des NRW-Forum solcherart dem tradierten Museumsverständnis vorweg eilte und eilt, richtet sich der Fokus des Programms auf Bereiche der Kultur, die die Aufmerksamkeit der Medien genießen: Fotografie, Video, Mode, Design und Architektur sind einem Massenpublikum durch die tägliche Medienpräsenz bekannt, bevor sie ihm durch museale Präsentationen erschlossen werden. Und so zählen die Ausgestellten zu den Berühmten und Bekannten - wie die Fotografen und Modeschöpfer Peter Lindbergh, Herb Ritts, Helmut Newton, Vivienne Westwood, Mario Testino und ihr Umfeld, zu denen Stars und Models wie Tina Turner und Claudia Schiffer zählen. Das garantiert Aufmerksamkeit für die Ausstellungen des NRW-Forum und lange Schlangen vor der Tür bei den spektakulären Ausstellungseröffnungen.

Zu sehen in 10 Jahre und 66 Ausstellungen. Mit insgesamt 752.070 Besuchern, davon alleine in 2008 über 100.000 Besuchern, zählt das NRW-Forum zu den meistbesuchten Kunstinstituten Düsseldorfs.

Im Neuen Jahr zeigt das NRW-Forum die bisher umfassendste Retrospektive des Schweizer Starfotografen Michel Comte (ab 1. Febraur), eine erste deutsche Ausstellung der Fotografien von Deanna Templeton aus dem Skateboard- und Surf-Milieu, eine Übersicht-Ausstellung "U.F.O." mit Grenzgängen zwischen Kunst und Design, die einen neuen Trend in der Kunst- und Design-Welt markiert, sowie die Ausstellung "Catwalks" mit den spektakulärsten Modenschauen - in der der Besucher selber zum Model wird und über den Laufsteg läuft. "Wir schauen nach vorne und dokumentieren die Bedeutung der Modenschauen, die für viele Designer wichtiger geworden sind als die Kollektionen selbst", beschreiben Petra Wenzel und Werner Lippert ihr Projekt, an dem die einflußreichsten Modeschöpfer teilnehmen.