IFFI 2014: Hauptpreis für kasachische Bauerngeschichte

Ein Höhepunkt im sehr heterogenen Wettbewerb des 23. Internationalen Film Festivals Innsbruck war die kasachische Bauerngeschichte "The First Rains of Spring". Zwar hätte sich auch José Luis Valles "Workers" für den Hauptpreis angeboten, doch erfreulicherweise gab die dreiköpfige Jury dem im Westen noch weitgehend unbekannten kasachischen Film den Vorzug.

Ein Problem des Wettbewerbs des Internationalen Film Festivals Innsbruck zeigt sich schon darin, dass hier vielfach entweder Filme laufen, die zwar nicht in Österreich aber in der Schweiz und teilweise auch in Deutschland schon regulär in den Kinos liefen, oder aber solche, die noch keinen Verleih gefunden haben, weil sie eben nicht überzeugen können.

Die Ankündigung "Europäische Erstaufführung" klingt zunächst zwar vielversprechend, hat man aber Shaji N. Karuns "Swapaanam" gesehen beziehungsweise ausgesessen, versteht man, wieso das IFFI diesen indischen Film erstmalig in Europa zeigen konnte. Karun hat zwar 1988 mit seinem Debütfilm "Piravi" in Cannes die Camera d´Or für den besten Erstlingsfilm gewonnen, doch nachvollziehbar ist nach den 147 Minuten von "Swapaanam", dass wohl kein europäischen Festival sich für diese Mischung aus Bollywood und Arthouse-Kino interessiert hat.

Endlos zieht sich diese unglückliche Liebesgeschichte zwischen einem Trommler und einer Tänzerin, die mit Trommel- und Tanzszenen aufgefettet werden soll, ist schauspielerisch indiskutabel und leider auch einfallslos inszeniert. Doch da man heuer Karun als alten Freund des Festivals einen Ehrenpreis verlieh, kam man wohl nicht daran vorbei, auch sein jüngstes Werk einzuladen.

Ein ganz anderes Kaliber als "Swapaanam" ist da schon José Luis Valles "Workers". Denn faszinierend ist, mit welchem Stilwillen der Mexikaner in langen Plansequenzen mit einer an Aki Kaurismäki erinnernden Lakonie und trockenem Humor von einem Arbeiter und einer Hausangestellten erzählt, die still und leise beginnen, sukzessive mit anarchistischen Akten gegen die Ausbeutung aufzubegehren. – Ein Prunkstück des Festivals, wenn man nur auf Innsbruck blickt, doch in den deutschen und schweizer Kinos kann man den Film schon seit beinahe einem halben Jahr sehen.

Auch Carlos Lechugas Tragikomödie "Melaza", der die kubanische Tristesse für einmal nicht in der Hauptstadt Havanna, sondern in der Provinz verortet, ist ein durchaus erfreuliches Kinostück – eine Entdeckung, für die man auf Festivals reist, aber wohl vor allem für ein lokales Publikum, denn der Schweizer Trigon-Filmverleih, den man als wichtigsten Partner des IFFI ansehen kann, hat diesen Film schon vor ein paar Monaten in den eidgenössischen Kinos gestartet.

Im Gegensatz dazu ist "Soleils" aus Burkina Faso in Europa wohl noch unbekannt, vermochte aber auch nicht wirklich zu überzeugen. Dani Kouyaté und Olivier Delahaye lassen darin einen alten Griot eine an Gedächtnisverlust leidende junge Frau durch die afrikanische Geschichte und das Afrikabild Europas führen.

Wie an einer Perlenkette aufgereiht decken die Regisseure in dieser Reise durch Zeiten und Orte die Vorurteile europäischer "Sonnen" wie Hegel und Voltaire über Afrika auf, blicken auf die berüchtigte Häftlingsinsel Robben Island, erinnern an den wenig bekannten burkinischen Politiker Sangoulé Lamizana und rufen die sagenhafte, angeblich 550 Jahre vor der Französischen Revolution proklamierte Mandé Charter in Erinnerung. So spannend dieser Film freilich auch beginnt, so ermüdend ist er in seiner Dialoglastigkeit und in seinem belehrenden Gestus. – Nichtsdestotrotz sprach die Publikumsjury "Soleils" den mit 1000 Euro dotierten Publikumspreis der Stadt Innsbruck zu.

Ein Glückfall war in dem sechs Filme umfassenden Wettbewerb folglich Yerlan Nurmukhambetovs und Shinju Sanos "The First Rains of Spring", der völlig zurecht mit dem mit 5000 Euro dotierten Filmpreis des Landes Tirol, dem mit 1000 Euro dotierten Südwind-Preis der SchülerInnen-Jury sowie einer lobenden Erwähnung der Publikumsjury ausgezeichnet wurde.

Mehr Perlen als im Wettbewerb - aber eben auch kaum unbekannte Filme – boten die Personale für die Türkin Yesim Ustaoglu und die Retrospektive zum indischen Kino. Mit neun verschiedenen Sparten bei insgesamt rund 40 Filmen muss das Festival aber auch Acht geben, sich nicht zu verzetteln. – Statt von vielem etwas zu zeigen, wäre es vielleicht doch ratsam, sich auf weniger Schienen zu konzentrieren und echte Schwerpunkte zu setzen, in denen dann dafür in die einzelnen Bereiche ein repräsentativer Ein- oder Überblick geboten werden kann.