Ofer Lellouche - Vereinsamung, verbrannte Haut, entstellte Gesichter

Das Fremdsein des Menschen in der Welt ist ein zu allen Zeiten und in allen Kulturen prominentes Thema. Ofer Lellouche (* 1947 in Tunis) nähert sich ihm auch vor dem Hintergrund seiner eigenen Identität. Es ist eine allgemeine existenzielle Erfahrung, die Lellouche zu seinen monumentalen Holzschnitten, Zeichnungen und Skulpturen drängt.

Das Schaffen des in Tel Aviv und Paris lebenden Künstlers zeichnet sich durch eine Fixierung auf die – nackte und bloße – menschliche Gestalt, auf den Kopf und das Gesicht aus. Darin ist er Alberto Giacometti oder den Selbstporträts Jim Dines verwandt. Seine Figuren blicken uns stumm entgegen. Trotz dieser Passivität, allein durch ihre Anwesenheit, konfrontieren uns diese Körper mit schockierender Kraft und unübertroffener Intensität mit der Seinsfrage.

Lellouches Selbstporträts entsprechen in ihrer steten Wiederholung einer kontinuierlichen Selbstreflexion, die zugleich Innen- und Außenwahrnehmung beinhaltet. Realität und Abbild passen sich in einem Spannungsverhältnis wechselseitig aneinander an, womit sich der Künstler seiner eigenen Existenz versichert.

Ofer Lellouches Anliegen ist es, eine einfache innere Struktur in ihrer Komplexität zu erfassen und diese in einer Reduktion auf das Wesentliche zum Ausdruck zu bringen. Dahinter steht ein mathematisches Grundverständnis. Der Künstler geht langsam, Schritt für Schritt, vor. Beim Modellieren mit Ton fügt er hinzu, addiert; umgekehrt nimmt er weg, subtrahiert wie im Holzschnitt. Schwarz und Weiß entsprechen wie Null und Eins binären Werten, die eindeutige Entscheidungen für das eine oder das andere erfordern und damit ausschließlich das Substanzielle abbilden – das jedoch für jede oder jeden von uns auf Basis unserer Biografie und unserer Erfahrungen eine eigene Realität wiederzugeben vermag.

Ofer Lellouche
29. Juni bis 19. September 2023