IFFI 2011 - Pasolini, Rückblick und Neues aus den Ländern des Südens

Das IFFI, das Internationale Film Festival Innsbruck, das 1992 als "America Film Festival" gegründet wurde, feiert heuer seinen 20. Geburtstag. Der Fokus hat sich längst auf alle Länder des Südens ausgedehnt. Gefeiert wird mit einer Retrospektive von Filmen aus der Geschichte des Festivals, ein Schwerpunkt ist aber auch Pier Paolo Pasolini gewidmet, der sich immer wieder mit den Ländern des Südens auseinandersetzte. Daneben gibt es im Wettbewerb um den Filmpreis des Landes Tirol und im Dokumentarfilm-Wettbewerb aber auch aktuelle Produktionen zu entdecken.

Eröffnet wird das 20. Internationale Film Festival Innsbruck nicht mit einem Film, sondern mit drei kurzen bis mittellangen Filmen Pier Paolo Pasolinis, zu deren Aufführung auch der Schauspieler Ninetto Davoli in der Tiroler Landeshauptstadt erwartet wird, sowie dem Kurzfilm "Zodiac, Scrap & Scratchers" von Daniel Jarosch. Von Pasolini werden zur Eröffnung die zehnminütige Episode "La sequenza del fiore di carta" (1968) aus "Amore e rabbia", die 20-minütige Episode "Che Chosa sono le nuvole?" (1967) aus "Capriccio all´italiana", sowie den 30-minütigen "La terra vista dalla luna" (1966) aus "Le streghe" gezeigt.

Überhaupt darf man sich beim Festival nicht die großen Filme von Pasolini, dem das IFFI, das Italien Zentrum und die Forschungsplattform "Politik-Religion-Kunst" in Zusammenarbeit mit dem Fondo Pier Paolo Pasolini bis Mai 2012 einen Schwerpunkt widmen, erwarten. Gezeigt werden vielmehr Pasolinis Studien und Vorarbeiten für andere Projekte wie den Dokumentarfilm "Appunti per un´Orestiade Africana" (1968/69), der im Rahmen eines nie realisierten Projekts über Hunger und Religion in den Ländern des Südens entstand, oder "Sopralluoghi in Palestina per il vangelo secondo Matteo" (1963/64), der als Vorbereitung für Pasolinis legendären "Il vangelo secondo Matteo“ entstand. Dieser wurde bekanntlich schließlich aber nicht in Palästina, sondern in Süditalien gedreht.

Den Rückblick schreibt das IFFI im Jahr seines Jubiläums aber nicht nur mit Pasolini, sondern auch mit der Präsentation großer Filme aus der Geschichte des Festivals groß. Robert M. Youngs "The Ballad of Gregorio Cortez" kann so ebenfalls nochmals genossen oder neu entdeckt werden wie Glauber Rochas "Terra em Transe", Djibril Diop Mambetys "Touki Bouki", Shaji N. Karuns "Piravi", Luis Puenzos "La historia oficial" oder Akira Kurosawas "High and Low - Zwischen Himmel und Hölle". Verwunderlich ist allerdings, dass auch Patricio Guzmans im letzten Herbst bei den Europäischen Filmpreisen als bester Dokumentarfilm ausgezeichnete Essay "Nostalgia de la luz", der sich visuell brillant und inhaltlich vielschichtig mit Astronomie und menschlichem Weitblick ebenso wie mit der Verdrängung der Schrecken der chilenischen Militärdiktatur beschäftigt, in der Sektion "Retro" läuft.

Nicht zu übersehen ist freilich, dass neben diesem ausgeprägten filmhistorischen Programm, zu dem auch ein Schwerpunkt für den Kubaner Daniel Diaz Torres zählt, der heuer mit dem Ehrenpreis des IFFI ausgezeichnet wird, die aktuellen Filme etwas ins Hintertreffen geraten.

Im Wettbewerb um den mit 5000 Euro dotierten Filmpreis des Landes Tirol konkurrieren aber immerhin acht neue Filme, darunter überraschenderweise auch der slowenische "Oca", dessen Qualität zwar unbestritten ist, der aber im Kreis von Filmen aus den Ländern des Südens doch ebenso deplatziert wirkt wie die italienische Produktion "Letters from the Desert – Eulogy to Slowness". Zu den bekannten Regisseuren im Wettbewerb zählt neben Daniel Diaz Torres, der in "Lisanka" eine Geschichte aus der Zeit des Beginns der Kubanischen Revolution erzählt, der Afrikaner Mahamet-Saleh Haroun, dessen "Un homme qui crie" freilich schon letztes Jahr im Wettbewerb von Cannes und im letzten Herbst bei der Viennale lief. Mit dem Usbeken Nazim Abbasov bringt ein früherer Sieger des Innsbrucker Festivals (2002 mit "Fellini") einen neuen Film in die Alpenstadt. Während Abbasov in "The Eternity Wheel" von einem Töpfer erzählt, steht im Zentrum von "Muensel", des Wettbewerbsbeitrags aus dem Bhutan, ein blinder Junge, der nach seiner Jugend in einem Kloster einen Sozialberuf ergreift. Wie im heurigen Berlinale-Sieger "Nader and Simin – A Separation" geht es auch in Payman Haghanis "A Man Who Ate His Cherries" um eine Scheidung im Iran, während in "Le poids du serment“ aus Burkina Faso von einer Dreiecksbeziehung erzählt wird.

Vom brutalen Vorgehen der Militärdiktatur in Burma gegen Kritiker und Minderheiten ("Burma Displaced") über den Kampf der Ureinwohner des Amazonasdschungels gegen die Abholzung des Regenwalds ("Kahlschlag – Der Kampf um Brasiliens letzte Wälder") bis zum Klimawandel ("Global Warning") spannt sich der Bogen der Themen im Dokumentarfilmwettbewerb. Und bei den Specials dürften schließlich der Dokumentarfilm "Bouton", in dem das Jury-Mitglied Res Balzli bewegend die an Krebs erkrankte junge Puppenspielerin Johana Bury begleitet, sowie der in den österreichischen Kinos soeben gestartete "Kinshasa Symphonie" für Highlights sorgen.