46. Solothurner Filmtage - Das Schaufenster des Schweizer Films

Mit der Präsentation der Schweizer Produktionen des vergangenen Jahres geben die Solothurner Filmtage (20. bis 27.1. 2011) auch heuer wieder einen Überblick über das aktuelle Schweizer Filmschaffen und werfen gleichzeitig mit mehreren Uraufführungen schon einen Blick ins kommende Jahr. Daneben wird die Schweizer Filmproduzentin Ruth Waldburger mit einer Werkschau geehrt, in der Reihe "Passages" wird ein kleiner Einblick in das Filmschaffen der angrenzenden Alpenländer geboten und auch ein Rahmenprogramm fehlt nicht.

Eröffnet werden die heurigen Filmtage nicht nur mit Reden, sondern auch mit der Uraufführung von Pascal Verdoscis "Manipulation". Mit Klaus Maria Brandauer und Sebastian Koch in den Hauptrollen ist der während der Zeit des Kalten Kriegs spielende Film hochkarätig besetzt. Erzählt wird darin von einem Schweizer Bundespolizisten, der 1956 gegen von Moskau bezahlte Spione ermittelt und dabei auf den PR-Berater Harry Wind stößt. Im Zuge seiner Recherchen gelangt der Polizist zu Erkenntnissen, die sein Bild von einer wohlgeordneten Welt zunehmend erschüttern.

In der Gegenwart spielt dagegen Laurent Nègres zweiter Spielfilm. In "Opération Casablanca" wird ein junger Schwarzarbeiter aus Marokko in der Nähe von Genf von der Polizei verhaftet und verdächtigt an terroristischen Aktionen beteiligt zu sein. Mit einem aktuellen Thema beschäftigt sich auch Christine Repond, in deren Langspielfilmdebüt "Silberwald" es um eine Gruppe Jugendlicher geht, die aus Wut über die Welt immer aggressiver werden.

Gespannt sein darf man auch auf den neuen Film der in Kanada lebenden und arbeitenden Léa Pool. Nach "Maman est chez le coiffur" erzählt Pool in "La dernière fugue" ein weiteres Mal eine Familiengeschichte. Im Mittelpunkt steht der 75-jährige Anatole, dessen zunehmende Parkinson-Erkrankung die Beziehungen zu seiner Frau, seinen Kindern und Enkeln belastet. Leichtere und vermutlich auch surreale Töne dürfte dagegen Peter Luisi anschlagen, der in "Der Sandmann" ganz dem Titel entsprechend von einem Mann erzählt, aus dessen Körper immer mehr Sand austritt.

Bei den Dokumentarfilmen gibt es unter anderem die Premiere von "Die große Erbschaft" von Donatello und Fosco Dubini. Die Regie-Brüder legen damit eine ethnologische und soziologische Studie über eine italienische Einwandererfamilie in einem kleinen Tessiner Bergdorf vor. Auf die Spuren der Alpmagie begibt sich Edwin Beeler in "Arme Seelen", für den der Filmemacher in der Innerschweiz Menschen aufspürte, die von rätselhaften Wahrnehmungen aus dem Jenseits und von Freveltaten längst Verstorbener, die gesühnt werden müssen erzählen. Spannend klingt auch "Flying Home", in dem Tobias Wyss das Leben von Walter Otto Wyss nachzeichnet, der 1939 in die USA auswanderte, dort ein revolutionäres Hybridauto entwickelte und schließlich 30 Jahre lang bis zu seinem Tod 2001 auf Hawaii lebte.

Neben diesen Premieren, zu denen auch neue Filme von Res Balzli, Elodie Pong und Anka Schmid zählen, bieten die Solothurner Filmtage aber auch heuer wieder einen Überblick über das Filmschaffen des vergangenen Jahres. Silvio Soldinis "Cosa voglio di più“ über eine leidenschaftliche Affäre, die die in einer Beziehung lebenden beziehungsweise verheirateten Liebenden fast zerreisst, wird hier ebenso nochmals gezeigt wie Paul Rinikers "Sommervögel" oder Véronique Reymonds und Stéphane Chuats schon in Locarno gezeigtes Drama "La petite chambre".

Konkurrieren diese vier Filme mit neun weiteren Produktionen um den mit 20.000 Franken dotierten "Prix du public", so wurden für den Wettbewerb um den mit 60.000 SFR dotierten "Prix du Soleure" unter anderem Michael Schaerers Krebsdrama "Stationspiraten" oder der Dokumentarfilm "Cleveland versus Wall Street", in dem Jean-Stéphane Bron vom Prozess, den die Stadt Cleveland im Zuge der Immobilienkrise gegen 21 Banken anstrebte, erzählt.

Zu dieser Auswahlschau zum Schweizer Filmschaffen kommt eine Werkschau zur Schweizer Produzentin Ruth Waldburger, die im Laufe ihres Lebens über 80 Filme produzierte. Eindrücklich kommt dabei mit Filmen wie Alain Resnais´"On connait le chanson", Jean-Luc Godards "Eloge de l´amour" und "Nouvelle Vague", Gianni Amelios "Il ladro di bambini" oder Tom DiCillos Debüt "Johny Suede"“ Waldburgers Bedeutung für das anspruchsvolle Filmschaffen zum Ausdruck.

Unbekanntere Namen dominieren dagegen die Reihe "Passages", in der mit elf Werken das Filmschaffen der angrenzenden Alpenländer vorgestellt wird. Benjamin Heisenbergs "Der Räuber" läuft hier beispielsweise ebenso wie Daniele Gaglianones Locarno-Teilnehmer "Pietro" oder Saverio Costanzas "La solitudine dei numeri primi".

Nicht fehlen darf in Solothurn auch die Werkschau der Filmschulen und ein Musikclip-Wettbewerb sowie ein Rahmenprogramm mit Diskussionen zum aktuellen Schweizer Film, zu Filmförderungskonzepten, Informationen zur Cinématheque Suisse oder einer Präsentation von "filmsearch.ch", einem neuen Online-Projekt der Solothurner Filmtage.