Zeitgespenster

Gespenster lassen sich nicht als historisches Phänomen abtun. Gut die Hälfte der Deutschen hat mindestens einmal im Leben selbst eine paranormale Erfahrung gemacht, jeder Sechste hatte ein Spukerlebnis und/oder eine Geistererscheinung. In einer Zeit, die durch die Einführung verschiedener Ebenen von Virtualität aus den Fugen zu geraten scheint, faszinieren und inspirieren Gespenster wieder zunehmend als Bewohner der Zwischenräume, als Gestalten der Überschreitung der Grenzen zwischen Wahrnehmung und Einbildung, realer und virtueller Welt. Das Übernatürliche ist wieder unheimlich präsent.

Jedes Zeitalter hat seine eigenen Gespenster, behauptete der Philosoph Derrida. Wie sehen also Gespenster heute aus, wie manifestieren sie sich? Die Ausstellung zeigt, dass sie in der zeitgenössischen Kultur immer neue Sphären belegen. Den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern dient die Beschäftigung mit Geistern der ernsthaften Reflexion gesellschaftlicher und kultureller Phänomene im Umgang mit dem Unerklärbaren: Der Auftritt des Gespenstes als das Andere, das die herkömmliche Ordnung von Innen und Außen, Diesseits und Jenseits, Leben und Tod aushebelt. Die so verstandenen "Zeitgespenster" werden zu Agenten einer kritischen Sicht auf eine vieldimensionale Welt.

Die Ausstellung beleuchtet ganz aktuell das unheimliche Eigenleben, das heutige technische Medien zu "magischen Kanälen" (McLuhan) werden lässt. Zugleich werden aber auch die historischen Räume des Museums mit einbezogen und das Schloss Morsbroich mit künstlerischen Interventionen auf sein Potential als Spukstätte geprüft. Im Vorfeld werden die Ghosthunters NRW eine nächtliche Untersuchung des Schlosses vornehmen, deren Ergebnisse am Eröffnungsabend präsentiert werden.

Mit Werken von Heike Kati Barath, Georg Baselitz, Corinne May Botz, Sue de Beer, Alexander Gehring, Kirsten Geisler, Cosima Hawemann, Susan Hiller, Julia Kissina, Bjørn Melhus, Matthias Müller, Yves Netzhammer, Tony Oursler, Werner Reiterer, Simon Schubert, Katja Stuke, Sandra Vásquez de la Horra, Ronald Versloot und Melanie Vogel.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Wienand Verlag mit Ergebnissen des Psi-Reports Deutschland, einem Interview mit dem langjährigen Hausmeister auf Schloss Morsbroich, kunstwissenschaftlichen Essays sowie Texten zu allen beteiligten KünstlerInnen (176 Seiten, ca. 120 Farbabb.; € 25,- an der Museumskasse, ca. EUR 34,- im Buchhandel).

Zeitgespenster
Erscheinungen des Übernatürlichen in der zeitgenössischen Kunst
27. Oktober 2012 bis 6. Januar 2013