Imi Knoebel. Kernstücke

Imi Knoebel (geb. 1940 in Dessau, lebt und arbeitet in Düsseldorf) zählt zu den wichtigsten europäischen Künstlern, die sich um eine Weiterentwicklung gegenstandsloser Kunst verdient gemacht haben. Seine Anfänge um 1966 sind von zwei kontrapunktischen Ausgangspositionen geprägt: der Lehre von Joseph Beuys und dem Werk von Kasimir Malewitsch.

Die eigens für das Haus Esters konzipierte Ausstellung "Kernstücke" besteht aus einem einzigen zusammenhängenden Werkkomplex, der 21 Arbeiten umfasst. Es sind Bilder, Skulpturen und Environments, die auf frühere Arbeiten zurückgehen und aus der Sicht des Künstlers entscheidende Wendepunkte in seinem Werk bedeuten. Für die Ausstellung wurden sie allesamt in neuen Versionen produziert.

Im Unterschied zur Retrospektive im Kunstmuseum Wolfsburg (2014/15) konzentriert sich diese Ausstellung vor allem auf frühe Arbeiten, die ihren Ausgangspunkt in dem zentralen Werk "Raum" 19 (1968) haben. Benannt nach dem gleichnamigen Raum der Klasse Beuys an der Kunstakademie Düsseldorf, entstehen dort zwischen 1966 und 1968 eine Reihe von Arbeiten, die bis heute Knoebels OEuvre prägen. Hier finden sich elementare bildnerische Werke wie Winkel und Keilrahmen, die den traditionellen Bildbegriff umstülpen.

Mit der Entdeckung der Hartfaser, ein Material, das für Knoebel eine "wunderbare Farbigkeit" und "Wärme" ausstrahlt, schafft er eine Reihe von raumplastischen Werken, die sich durch Strenge und Hermetik auszeichnen. Dabei gehören Schichtung, Reihung, Stapelung von Anfang an zu den wichtigen Gestaltungsprinzipien – in der Ausstellung etwa durch die Arbeiten "Schichtung" (1969/2015) und "Vision Ordinaire" (1985/2015) vertreten. Scheinbar widersprüchlich dazu verhalten sich Werke, die das Immaterielle thematisieren, wie "Weiße Farbe" und "Licht" (beide 1968/2015). Von Malewitschs Idee der Gegenstandlosigkeit inspiriert, entwickelt Knoebel äußerst reduzierte Bilder ohne jeden Korpus – und ohne jede metaphysische Überhöhung.

Die Dialektik, Materialität und Immaterialität werden ab 1980 durch die Einbeziehung von Fundstücken aufgebrochen. Dafür stehen Werke wie "Buffet" oder "Etzi Ketzi"; sie lassen Raum für die Lebenswelt und bieten sich für assoziative Lesarten an. Hier kommt auch der unverwechselbare, stille Humor des Künstlers zum Tragen. Obwohl Knoebel ab 1977, seit dem Tod seines Malerfreundes Blinky Palermo, ein weitverzweigtes malerisches Werk kreiert, ist der Aspekt Farbe in der Ausstellung auf wenige Stücke beschränkt; zum Beispiel auf "Ort", ein architektonisches Environment, oder das fast schwarze Gemälde "Alle Farben". Mit dieser konzentrierten Rückschau durch einen neu geschaffenen Werkkomplex entwirft Knoebel eine sehr persönliche und intime Ausstellung, die wie kaum eine andere Einblicke in die Essenz seiner vielgestaltigen Arbeit ermöglicht.


Imi Knoebel. Kernstücke
Museum Haus Esters
22. März bis 23. August 2015