... wer es uns erzählt

19. März 2014 Rosemarie Schmitt
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"Liebe Mutter, der Abwechslung wegen habe ich mich ein wenig hingelegt und kann daher nur unbequem schreiben. Sonst habe ich keine Angst, es hat sich nichts geändert und wie gewöhnlich habe ich nur Geduld nötig. Von Herzen Euer Johannes"

Diese Zeilen schrieb Johannes am 29. März, eine Woche später war er tot. Und dabei dachte er an einer "kleinen bürgerlichen Gelbsucht" zu leiden. Seit einigen Monaten hatte der Komponist diese gelbliche Hautfärbung, Schmerzen hatte er keine, fühlte sich allerdings schwach und hatte an Gewicht verloren. Und dann verlor das Leben ihn. Inzwischen weiss man, oder glaubt zu wissen, dass Johannes Brahms an den Folgen einer Leberkrebserkrankung starb.

Von seinem sensiblen Wesen, seinem großes Herz, seiner Fähigkeit zu starken, treuen Gefühlen erzählt uns seine Musik – je nachdem wer sie interpretiert. Es gibt Kompositionen welche eben dies besonders deutlich machen. Zum einen, weil sehr sehr viel Emotionen im Spiel sind, und zum anderen, weil nur zwei Instrumente beteiligt sind diese Emotionen zu verstehen und zu transportieren.

Die Geigerin Catherine Manoukian und die Pianistin Gunilla Süssmann haben bei Berlin Classics (Vertrieb EDEL Kultur) Brahms‘ drei Sonaten für Violine und Klavier veröffentlicht.

Dass Clara Schumann bezüglich des letzten Satzes der Sonate Nr. 1 schrieb: "... diesen letzten Satz wünsche ich mir immer zum Übergang von hier nach Jenseits", werden Sie verstehen, wenn sie ihn von Manouikan und Süssmann hörten und im Booklett der CD gelesen haben, was Johannes Brahms und Clara Schumann mit jener Sonate verbanden. Das Honorar in Höhe von 1000 Talern ließ der Komponist in einen Clara-Schumann-Fond einzahlen.

Besonders berührt und beeindruckt hat mich die Sonate Nr.3, die besonders bezüglich des ersten Satzes eine Sonate für Klavier und Violine, statt, wie es korrekt lautet, eine Sonate für Violine und Klavier, genannt werden könnte. Brahms widmete diese, als einzige seiner drei Violinsonaten, und zwar seinem Freund Hans von Bülow. Besonders an dieser Sonate ist, dass sie nicht aus drei, sondern aus vier Sätzen besteht. Bei der Uraufführung in Budapest übernahm Brahms den Klavierpart persönlich. Sein Partner an der Violine war der geniale Jenö Hubay.

Catherine Manoukian an der Violine ist ausdrucksstark, perfekt, musikalisch zweifel- und tadellos, doch das Klavierspiel von Gunilla Süssman berührt, packt und begeistert mich, ist stark und emotional, kommt bärig bärtig, behut- und empfindsam daher wie Brahms höchstpersönlich. Mit dieser Einspielung habe ich Brahms wieder und neu entdeckt. Musik vermag uns so vieles zu offenbaren vom Leben, von den Gefühlen des jeweiligen Komponisten. Ob wir verstehen kommt sehr darauf an, wer es uns erzählt. Für mich ist die Pianistin Gunilla Süssmann die Überraschung, eine musikalische Erzählerin, Berichterstatterin und Korrespondentin, eine Entdeckung, ein Talent von dem sich noch vieles zu hören lohnen wird!

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt