Die bösen Deutschen

Europa leidet nicht nur an einer Finanzkrise, sondern auch an beispiellosen Korruptionskrisen sowie am Problem Deutschland. Deutschlands Wirtschaft steht zu gut da, Deutschland exportiert zu viel, Deutschland finanziert die Versager und Schuldner zu wenig. Deutschland MUSS zahlen, allein schon aus historischer Schuld, denn diese wiegt alles auf, was die gegenwärtigen Staatsverbrecher, Abzocker, Korrupte, Steuerbetrüger, Kriegsgewinnler in den Krisenländern der Union an Negativrekorden leisten.

Nicht alle Deutschen sehen das so, wiewohl die Opposition innerhalb Deutschlands den Dauerschuldkomplex heftig schürt und nährt.

Aber was, wenn Deutschland zusammenbräche, wenn es, über Nacht und Tag, selbst der Hilfe bedürftig würde? Wer hülfe? Die höhnischen Briten, die ihrem Empire nachweinen und sich bei jeder Gelegenheit ihrer vermeintlichen arischen Überlegenheit brüsten? Die schnöden Franzosen, denen das Ressentiment immer noch tief eingewachsen ist? Die Südländer, die sich als Opfer Deutschlands sehen, seit dem 2. Weltkrieg, und die ewige Revanche wünschen?

Die Ostländer, die ihr eigenes Süppchen kochen wollen und Europa nur als Formalie, als Geldverteilungsanlage wünschen bzw. jene, die einen Ausgleich wollen für verminderte Korruptionserträge?

Die unvernünftig verwegenen Forderungen an Deutschland könnten Europa zum Bersten bringen. Die Diskussion ist absurd geworden: Als Ursache werden nicht die Schuldenpolitiken der Schuldnerländer gesehen, sondern das Verhalten Deutschlands. Als ob die Schuldnerländer keine andere Chance gehabt hätten! Es geht dabei nicht primär um Fiskalunion oder Transaktionssteuern. Es geht um das Angstbild Deutschland, um die systematische Zurichtung des Hassbildes Deutschland.

Auch wenn die deutsche Regierung dem Druck klein beigäbe, wäre das Problem nur vertagt. Denn es speiste den Hass der Verlierer, der Zukurzgekommenen, und auch jener, die nachrechnen und nicht einsehen wollen, dass Betrüger und Schuldenmacher im Süden finanziert werden sollen. Was, wenn sich eine Mehrheit bildet, die auf die Barrikaden geht? Was, wenn sich dieser Zorn nicht nur gegen die südlichen Nehmerländer wie Griechenland, Italien, Spanien und Portugal richtet, sondern auch gegen Irland und Großbritannien? Was, wenn dadurch der freie, europäische Warenaustausch ins Stocken gerät, wenn das Schengenabkommen aufgehoben wird, neue Grenzposten entstehen und die Wirtschaft noch extremer einbricht? Was, wenn aufgrund der aufgeheizten Stimmung sich Üb ergriffe ereignen und der Tourismus abflaut?

Was, wenn Deutschland nicht mehr die Lokomotive bilden kann? Wer übernimmt dann die Rolle? Italien, eine Nordostunion aus Polen und Tschechien? Es stockt einem das Lachen. Wie wärmte dann die Schadenfreude? Wer speiste die Arbeitslosen ab? Womit? Mit griechischem Wein? Mit behandeltem Olivenöl? Mit südlichem Industriekäse? Mit britischen Fish & Chips?

Man wirft den Deutschen vor, was allgemein dem Kapitalismus vorzuwerfen ist. Aber die Kritik bleibt inkonsequent und greift bewusst zu kurz. Denn alle wichtigen Länder sind kapitalistisch. Und jene, die offiziell eine Alternative gepredigt hatten, gingen bankrott mit ihren glorreichen Systemen; sie haben die Sache des Kommunismus verraten und mehr geschädigt als je der Klassenfeind. Doch das wird nicht bedacht. Wie bei den Blut-und-Boden-Mythologen der Rechten, schwelgen die Exlinken und die Pseudoalternativen in ihren Mythologien, währenddessen sie sich vom kapitalistischen System finanzieren lassen, so lange es geht.

Nicht, dass Kritik nicht vonnöten wäre. Aber keine, die so kalkuliert einseitig sich EINEN Feind herauspickt. Die das kapitalistische System an einem Detail erklären und lokalisieren will. Das wäre Täuschung oder Irrtum, wenn wir Naivität unterstellen. Es ist Betrug, wenn wir annehmen, dass es aus Kalkül geschieht.

Es scheint, dass viele europäische Länder weniger Wirtschaftserfolg oder Demokratie wünschen und suchen, sondern Mythen und Gelegenheiten für gezielte "Triebabfuhr". Das kann ins Auge gehen. Vor allem jetzt.