Zuzeln ist nicht mehr zeitgemäß

1. Juli 2013 Kurt Bracharz
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Das quartalsmäßig erscheinende, auch für Nicht-Bayern interessante Magazin "MUH. Bayerische Aspekte" brachte in der Frühjahrsnummer ein Quiz zum Thema Weißwurst. Da hatte man sich nun als Leser vielleicht gedacht, bei jeweils vier möglichen Antworten könne einem die Auswahl der richtigen nicht allzu schwer fallen, aber einige Fragen erwiesen sich doch als eher tückisch, zum Beispiel die, wo "der Legende nach" die Weißwurst geboren wurde, auf dem Nockherberg, im "Ewigen Licht", im "Bratwurstglöckerl" oder in der Oberpfalz?

Oder die Frage, welches der folgenden Produkte es (noch) nicht gibt oder schon gegeben hat: Weißwurstkugeln mit Senffüllung als praktisches Airline-Essen, Weißwurstheber zum schonenden Entnehmen der Wurst aus dem Topf, Weißwurstwasser zum pH-Wert-optimalen Erhitzen der Würste oder Weißwurstpizza. Die richtigen Antworten waren das Augustiner Restaurant "Ewiges Licht" und das pH-optimale Weißwurstwasser, das aber mittels einer "Opferwurst" erzeugt werden kann (eine zerschnittene Wurst, die das Wasser aufpeppt, die man aber nachher nicht verzehrt).

Die Frage, welches der folgenden Gewürz nicht in eine originale Münchner Weißwurst gehört – Ingwer, Kardamom, Curry oder Schwarzpfeffer – , dürfte hingegen auch für Nicht-Münchner problemlos zu beantworten sein.

Am interessantesten war eigentlich die Frage Nummer 7: "Den Genuss der Weißwurst umgibt ein gewisses Regelwerk. Was gilt neuerdings nicht mehr als völlig verpönt? Weißwurst im Topf mit der Gabel anzustechen – Weißwurst mit scharfem Senf – Weißwürste paarweise bestellen – Die Weißwurst mit Messer und Gabel zu essen – Eine gerade Anzahl von Weißwürsten zu bestellen." Da ist guter Rat teuer, denn man kennt alle (in diesem Falle) fünf Antworten als bisherige absolute No-Gos des Weißwurstverzehrs. Bei welchem mögen die Weißwurstsitten-Hardliner nun nachgegeben haben?

Ich hätte auf "Weißwürste paarweise bestellen" getippt, weil das wohl die meisten Touristen tun und man mehrere warm servierte Wurstsorten paarig vorgesetzt bekommt; bei den Weißwürsten ist die heilige Zahl aber drei. Dabei ist es offenbar auch geblieben, denn die richtige Antwort, was neuerdings toleriert werden soll/kann/darf, ist der Verzehr der Weißwurst mit Messer und Gabel. Ein Hinweis darauf wäre erst der Frage 8 zu entnehmen gewesen, die lautete, mit welcher Feststellung voriges Jahr die Innungsmeister der Münchner Metzgereien für Unruhe bei den Weißwurstpuristen gesorgt hätten.

Bei den Antwortmöglichkeiten stand ein realistisch klingendes "Das Zuzeln der Weißwurst ist nicht mehr zeitgemäß" kaum ernstzunehmenden Vorschlägen gegenüber wie "Regelmäßiger Weißwurstgenuss schwächt die Libido" (würde ein Münchner Metzger nie behaupten) oder "Die Weißwurst schmeckt nach 12 Uhr erst so richtig gut" (zu dick aufgetragen, auch wenn die 11-Uhr-Regel schon lange keinen Sinn mehr hat).

Dem Quiz bzw. seiner Auflösung konnte man auch noch entnehmen, dass die schwerste Weißwurst 85 Kilogramm wog und dass es "offiziell" neben der "Münchner Weißwurst" zwar eine "Hamburger Weißwurst", eine "Polnische Weißwurst" und sogar eine "Schlesische Weißwurst" gibt, nicht aber eine "Fränkische Weißwurst".