Zofia Kulik - Rhythms of Power

In der Ausstellung im Francisco Carolinum Linz werden Arbeiten von Zofia Kulik präsentiert, die bis in die späten 1960er Jahre zurückreichen, als Zofia Kulik an der Akademie der Schönen Künste in Warschau Bildhauerei studierte. Es ist die erste Überblicksausstellung der polnischen Künstlerin in Österreich. Die Schau vermittelt einen Einblick in die Methodik und Arbeitsweise einer Künstlerin, die ihre Werke in der Dunkelkammer im analogen Belichtungsverfahren aus hunderten von einzelnen Bildern zusammenfügt.

Zofia Kulik fotografiert, dokumentiert, archiviert und katalogisiert die visuelle Wirklichkeit. Tausende Aufnahmen – häufig schwarzweiß – sind über die Jahre meist im Studio entstanden. Als Negative archiviert und in Kategorien eingeordnet, umfassen sie tendenziell die gesamte sichtbare Welt. Modelle in unterschiedlichen Posen, Schädel, Knochen, Gemüse, Blumen, Hunde, Stoffe, Gebäude, Postkarten, Masken, Explosionen und Städte sind nur einige von gut 250 Ordnungskriterien. Anhand von Skizzen, Zeichnungen und Schablonen macht die Ausstellung deutlich, wie die Künstlerin daraus komplexe Szenarien und Inszenierungen vielschichtiger Bildwelten orchestriert.

Zofia Kulik dominiert dieses Bildmaterial wie eine Choreografin von Massenaufzügen oder Massenveranstaltungen. Sie herrscht über den Rhythmus der einzelnen Phänomene. Dutzende von Einzelbildern arrangieren sich in Reihen, Gruppen, Kreisen und anderen geometrischen Formationen, die häufig nach Regeln der Symmetrie angelegt sind oder zentral wie ein Mandala eine ganze Weltordnung beschreiben oder sich seriell zu einem Ornament verbinden. Bedeutungen verändern sich. Banale Gegenstände werden zu inhaltsschweren Symbolen. Bedeutungsvolle Gesten lösen sich zu ornamentaler Verzierung auf.

Zofia Kulik schafft Bilder der Welt, die klar machen, wie unsicher und ungewiss Sinn und Bedeutung der Wirklichkeit überhaupt entschlüsselt werden können. Alles kann sich zu einem komplexen Narrativ, einer schlüssigen Erzählung und Deutung der Wirklichkeit verknüpfen, um in nächsten Moment schon wieder rätselhaft, unergründlich und als sinnlose Aufreihung vieler Einzelmomente zu erscheinen. Ihre Kunst spiegelt das metaphysische Dilemma aller existentiellen Fragen. Sicherheiten gibt es trotz der monumentalen und überwältigenden Präsenz und bildgewaltigen Verführungskraft ihrer Werke nicht. Dabei deuten ihre Werke schwergewichtige Themen an. Sie zitieren Insignien und Strukturen totalitärer Regime, behandeln das Individuelle gegenüber der Masse, lassen die Macht von Kirche und Religion deutlich werden, kreisen um die Beziehung zwischen den Geschlechtern und handeln von Dominanz und Tod.

Neben den großformatigen, mehrteiligen Tafelbildern und dem Selbstportrait Splendour of Myself IV, das Portraits der englischen Königin Elisabeth I zitiert, zeigt die Ausstellung eine große Gruppe an Werken Instead of Sculpture, Teile ihrer Diplomarbeit, die wie zwei ausgestellte Moses Statuen gegen Ende ihrer Akademiezeit 1968 bis 1971 entstanden sind.

Zofia Kuliks Werke wurden bei Les Rencontres de la Photographie 2023 in Arles, 2007 auf der Documenta 12 in Kassel und 1997 auf der 47. Biennale von Venedig gezeigt. Ihre Werke sind in wichtigen Museen wie Tate Modern, Centre Pompidou, Moderna Museet und dem MoMA in New York vertreten.

Zofia Kulik
Rhythms of Power
Bis 28. Juli 2024