Wir sind Tirol! - Vorarlberger Objekte in der Sammlung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum

Gemälde der Barockmalerin Angelika Kauffmann, ein niederländischer Altar aus dem Schloss Glopper in Hohenems oder ein präparierter Adler – so verschieden diese Ausstellungsobjekte aus Vorarlberg sind, eint sie doch ein Umstand: Sie gehören Tirol. Zum 200-jährigen Jubiläum der Tiroler Landesmuseen zeigt das Vorarlberg Museum über 100 dieser "Vorarlberger Stücke" in einer Sonderausstellung, die am Freitag, 30. Juni um 17.00 Uhr eröffnet wird. Die Ausstellung ist eine Kooperation mit den Tiroler Landesmuseen.

Der Tiroler Landesmuseumsverein Ferdinandeum gründete sich im Jahr 1823, sein Pendant in Vorarlberg erst 1857, und so sah sich während 34 Jahren Tirol für das Sammeln von Natur-, Kunst- und Kulturgegenständen aus Vorarlberg zuständig. So waren es auch hauptsächlich Beamte, welche in den Vorarlberger Regionen die in ihren Augen wichtigen Objekte ausfindig machten. Was wurde aber als sammlungswert erachtet?

Das Interesse galt Objekten, die dazu dienlich waren, das Land zu repräsentieren oder die Landesgeschichte zu dokumentieren. Wie in Tirol war später auch in Vorarlberg das Ziel der Landesmuseumsvereine, ein Universalmuseum zu schaffen. Altertümer, Kunstwerke und Naturobjekte eines Landes oder einer Region sollten in solch einem "Nationalmuseum" vertreten sein, Gegenstände von hoher Qualität, Kuriosität, Schönheit oder Seltenheit. Daher wurden vor allem Objekte aus Naturkunde (Fossilien, Mineralien, Pflanzen), Numismatik (Münzen), Archäologie, Bibliothek und bildender Kunst gesammelt.

Angelika Kauffmann (1741 – 1807) wie auch der aus Wolfurt stammende Kunstmaler Gebhard Flatz (1800 – 1881) kommen mit ihren Werken prominent in dieser Ausstellung vor. Kurioserweise wurden beide in der Frühzeit des Museums nicht nur als Vorarlberger, sondern auch als Tiroler Künstler "verkauft". So ist es nicht verwunderlich, dass ihre Werke sowohl das Vorarlberg Museum als auch die Tiroler Landesmuseen begehrten. Gebhard Flatz, der vor allem mit seinen Portraits und religiösen Werken bekannt wurde, war zudem nicht nur Künstler, sondern auch ein Sammler mit großem Netzwerk innerhalb Europas. Er prägte die Sammlungen des Ferdinandeums und des Vorarlberger Landesmuseums entscheidend mit.

Die Werke oder Gegenstände mit Vorarlbergbezug bieten zum Teil sehr persönliche Einblicke, wie Vorarlberg von außen und innen wahrgenommen wurde. Dabei sind nicht nur "offizielle" Urkunden, Dokumente oder Adelsdiplome wichtige Zeugnisse der Landesgeschichte, sondern auch Objekte, die sehr viel individueller von historischen Begebenheiten oder Menschen und ihrer Kultur berichten.

Zu diesen gehört zum Beispiel das Tagebuch des Abtes Vögel des Klosters Mehrerau, in dem er im Jahr 1695 vom zugefrorenen und zu Fuß überquerbaren Bodensee berichtet. Ein anderes zentrales Stück in der Ausstellung wird ein von Museumsmitarbeiter:innen über Jahrzehnte erstellter Zettelkatalog sein, in dem sie ihnen wichtig erscheinende Begebenheiten auf kleinformatigen Zetteln notierten – egal ob Erdbeben oder Sportereignisse. Persönliche Interessen haben überhaupt oft dazu geführt, dass Einwohner:innen eines Landes oder auch Besucher:innen oder Reisende einzigartige Zeugnisse hinterlassen haben. So zeichnete zum Beispiel Johanna Isser Großrubatscher (1802–1880) mehr als 400 Burgen in Tirol, Vorarlberg und dem Trentino und hinterließ damit wertvolle "Augenzeugenberichte", die heute noch von großem Interesse für die Burgenforschung sind.

Daneben wurden manche Objekte aus konservatorischen Gründen gesammelt, schlicht um sie vor Zerstörung oder dem Verkauf ins Ausland zu schützen. Ein solches Objekt mit bewegter Geschichte ist beispielsweise der Altar des Schlosses Glopper in Hohenems. Eine andere Objektgruppe, die in besonderem Maße durch Umwelteinflüsse in Mitleidenschaft gezogen wurde, bilden historische Glasfenster. Stellvertretend für viele verlorene wird eine mittelalterliche Glasscheibe aus der Kirche St. Anna in Thüringen in Vorarlberg mit dem Motiv der Anna Selbdritt in der Ausstellung zu sehen sein. In der Zeit zwischen 1823 und 1857 gelangten zudem viele Bodenfunde aus Vorarlberg in die Tiroler Sammlung. Darunter sind sehr alte Stücke, wie Beigaben aus einem Frauengrab oder eine Anzahl an historischen Münzen, die aus der Römerzeit stammen.

Die Ausstellung widmet sich aber nicht nur den gesammelten Objekten, sondern auch wichtigen Mitgliedern des Vereines, die gezielt nach Kunst-, Natur- oder Kulturobjekten suchten, sie als "erinnerungswürdig" erkannten und der Museumssammlung zukommen ließen. Der aus Tirol stammende Kreishauptmann von Vorarlberg, Johann Nepomuk Ebner (1790–1876) – auch bekannt wegen seiner aufschlussreichen Tagebücher –, ist als Einsender oder Vermittler vieler Antiquitäten an das Ferdinandeum besonders hervorzuheben.

Das jüngste Objekt in der Ausstellung ist übrigens eine ausgestopfte Eiderente, die 1946 am Bodensee erlegt wurde. Das zeigt, dass auch nach der Gründung des Vorarlberger Landesmuseumsvereins die Sammeltätigkeit des Ferdinandeums in Vorarlberg nie ganz abriss. Die Tiroler Landesmuseen sammeln und kaufen zum Beispiel nach wie vor Kunst und Bücher aus Vorarlberg an.

"Wir sind Tirol! - Vorarlberger Objekte in der Sammlung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum"
Sonderausstellung: 1. Juli bis 7. Jänner 2024
Vernissage: Freitag, 30. Juni, 17.00 Uhr
Mit Beiträgen von Direktor Andreas Rudigier und dem Kuratoren-Team Anna Bertle (vorarlberg museum) und Roland Sila (Tiroler Landesmuseen).
Kuratorinnenführung mit Anna Bertle: Sonntag, 9. Juli, 15.00 Uhr