Willem de Rooij - Einschübe in die Sammlung der Akademie der bildenden Künste in Wien

Im neuen Format "Die Sammlung betrachten & An Insert by…" setzen sich zeitgenössische Künstler:innen mit der Sammlung auseinander und geben in eigenen Räumen/Abschnitten der Gemäldegalerie Statements zu verschiedenen Aspekten von Werken aus den Kunstsammlungen oder zu Thematiken, die sich aus der Akademie, der Gemäldegalerie als Ort und Museum ergeben.

Die Beiträge sind als kritische Stellungnahmen aus dem Blickwinkel der Gegenwart auf Geschichte und auf historische Sammlungen generell zu sehen. Diese Statements sind als Einschübe (Inserts) in die jeweiligen Konstellationen der temporär, d. h. mit wechselnden Schwerpunkten, arrangierten Schausammlung konzipiert. Zum Auftakt der Reihe wurde der niederländische Künstler Willem de Rooij geladen.

Unter dem Motto "Die Sammlung betrachten" werden die Bestände der Sammlung der Gemäldegalerie nach der Rückkehr an den Schillerplatz erstmals wieder umfassender und nach den Aspekten Bildgattung und Thema in neuer Zusammenschau präsentiert. In direkter Gegenüberstellung und pointierter Durchmischung von Werken verschiedener Schulen und Kunstlandschaften treten Gemeinsamkeiten und Unterschiede gleichermaßen und unmittelbar zu Tage.

Nach dem ersten, von Sabine Folie kuratierten Abschnitt, der seinen Ausgang in der prominenten Sammlung holländischer Gemälde des 17. Jahrhunderts nimmt – und als Einführung in das "Insert by Willem de Rooij" mit Fokus auf holländische Stillleben- und Tiermalerei gelesen werden kann –, sind in der nachfolgenden Neupräsentation aller Schulen der Sammlung der Gemäldegalerie die romanischen ein weiterer gewichtiger Schwerpunkt. Anlass dazu bietet die Herausgabe eines wissenschaftlichen Katalogs zu diesen Beständen von Martina Fleischer, langjährige Mitarbeiterin der Gemäldegalerie, der im Laufe des Jahres unter dem Titel "Italienische, französische und spanische Gemälde. Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien" präsentiert wird.

Als Vorgeschmack auf die Publikation wird die Opulenz dieses Sammlungsbestandes in neuer Betrachtung gefeiert. Neben den einschlägigen Highlights wie Antonio da Fabrianos Marienkrönung und dem Tondo Botticellis werden dabei auch kaum bekannte Werke ans Licht geholt, darunter "Die Befreiung Petri" von Mattia Preti. Dieses religiöse Historienbild beeindruckt in der Monumentalität der Figuren und des Bildformats. Historienbilder von Luca Giordano und Johann Martin Schmidt, genannt Kremser Schmidt, die sich mythologischen Themen widmen, geben eine Aussicht auf die nachfolgende Ausstellung zum Historienbild im September 2023. Peter Paul Rubens und die flämische Malerei sind ebenfalls prominent in der neuen Schau vertreten. Das "Weltgerichts-Triptychon" des Hieronymus Bosch bleibt als nationaler wie internationaler Publikumsmagnet an seinem angestammten Platz in der Galerie.

King Vulture An Insert by Willem de Rooij

Nach der großangelegten Recherche zu Melchior d’Hondecoeter für seine Ausstellung "Intolerance" in der Neuen Nationalgalerie Berlin (2010) wendet sich Willem de Rooij in den letzten Jahren auch d’Hondecoeters Cousin Jan Weenix zu und den Beziehungen zu deren beider Schüler Dirk Valkenburg.

De Rooijs Recherchen beleuchten immer auch historische Gegebenheiten, u. a. aus postkolonialer Perspektive, und die klassistischen Informationen, die über Bilder wirksam werden. Ebenso spielen allegorische Verweise, formale Techniken und Praktiken sowie Parameter, anhand welcher wir vor dem Diskurshintergrund der Gegenwart auf diese Werke schauen und sie interpretieren, eine wesentliche Rolle: Fragen wie die nach dem Original, der Kopie, gewissen "Rezepturen" und Techniken der Wiederholung sowie die Bedingungen des Ausstellens und Ausleihens/Reisens von Kunstwerken/Waren und lebendem "Material" in einer globalisierten Welt.

In der Installation "King Vulture" von 2022/2023 nimmt de Rooij gleich mehrere dieser Elemente auf, eines davon war die Entscheidung, aufgrund bestimmter Bedingungen des Museumsbetriebes die fotografischen Reproduktionen von vier Gemälden von Jan Weenix, kenntlich gemacht durch sichtbare Farbkarten, von Yaohui Zhu und dem Team des Yunxi Art Studio, Dafen (China), nachmalen zu lassen.

In der Gemäldegalerie wird dieser Faden aufgenommen und mit weiteren originalen Werken von Jan Weenix, Melchior d’Hondecoeter und Dirk Valkenburg aus der eigenen und anderen Wiener Sammlungen in Verbindung gebracht.

Als kuratorische Einführung in den von Willem de Rooij gestalteten Saal wurde im ersten Saal der Gemäldegalerie ein Arrangement von Bildern aus der Sammlung zusammengestellt, das man als Entrée in die aktuelle Präsentation de Rooijs und gleichzeitig als Milieu bezeichnen könnte, welches das goldene Zeitalter Hollands markiert und sich in der bürgerlich-protestantisch gestimmten holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts zeigt. Es handelt sich u. a. um Werke von Willem van Aelst, Rembrandt, Pieter de Hooch, Jan van der Heyden, Hendrick Cornelisz. van Vliet, Reinier Nooms, genannt Zeeman, Jacoba Maria van Nikkelen, Emanuel de Witte. Diese Umgebung bereitet auch den Boden für die Tierstilllebenmalerei eben dieser Zeit, zu der Willem de Rooij in seiner Installation Stellung bezieht.

De Rooij unterrichtet an der Städelschule in Frankfurt, der Rijksakademie in Amsterdam und ist Gründungsdirektor des BPA// Berlin Program for Artists. Jüngste Einzelausstellungen fanden im Portikus Frankfurt, IMA Brisbane, Consortium Dijon und im Jewish Museum New York statt, Gruppenausstellungen, an denen Willem de Rooij teilnahm, am BDL Museum Mumbai, dem Hammer Museum Los Angeles, der Jakarta Biennale, der Aishti Foundation Beirut und der 10. Shanghai Biennale.

Die Sammlung betrachten & King Vulture An Insert by Willem de Rooij
Bis 20.8.2023
Akademie der bildenden Künste Wien, Gemäldegalerie, Schillerplatz 3, 1010 Wien