Verzauberte Landschaften im Städel Museum

"Im Claude Lorrain erklärt sich die Natur für ewig", so begeisterte sich Johann Wolfgang von Goethe 1818 für die Landschaftsbilder des französischen Barockmalers Claude Lorrain. Dessen idealisierte, zeitlose Landschaften hätten "die höchste Wahrheit, aber keine Spur von Wirklichkeit", so der Dichterfürst und Deutschlands bekanntester "Grand Tourist". Ab 3. Februar 2012 wird das Städel Museum 130 Werke aus allen Schaffensphasen von Claude Lorrain (um 1600 oder 1604/05–1682) zeigen, darunter 13 Gemälde sowie zahlreiche Zeichnungen und Druckgrafiken.

Die in Kooperation mit dem Ashmolean Museum in Oxford entstandene Ausstellung "Claude Lorrain. Die verzauberte Landschaft" stellt das Werk des bedeutendsten Landschaftsmalers des 17. Jahrhunderts erstmals seit fast 30 Jahren in Deutschland in einer monografischen Ausstellung vor.

Das Städel besitzt neben fünf Zeichnungen und etwa 40 Radierungen ein bedeutendes spätes Gemälde des Meisters, die "Landschaft mit Christus und Maria Magdalena" (1681). Zusätzlich konnte das Haus in den letzten Jahren eine seltene Radierung aus der spektakulären Folge des "Feuerwerks" und die bedeutende Zeichnung "Tänzerin mit Tamburin und Dudelsackspieler" von Claude Lorrain erwerben. Für das Museum ist dies ein wunderbarer Anlass, sich dem Künstler in einem umfangreichen Forschungs- und Ausstellungsprojekt zu widmen. Aus der mehrjährigen, gemeinsam mit dem Ashmolean Museum in Oxford durchgeführten Vorbereitung der Ausstellung konnten neue wissenschaftliche Erkenntnisse für die kunsthistorische Einordnung und Bewertung Claude Lorrains gewonnen werden. Diese werden nun erstmals in der Sonderausstellung präsentiert.

Claude Gellée, genannt Le Lorrain ("der Lothringer") oder einfach Claude Lorrain, wurde 1600 in Chamagne, einem Dorf bei Nancy, in Lothringen geboren. Als Heranwachsender gelangte er nach Rom, wo er, bis auf eine kurzzeitige Rückkehr in seine Heimat 1625, bis an sein Lebensende blieb. Von Beginn an konzentrierte er sich auf die Landschaftsmalerei und war mit seinen Gemälden so erfolgreich, dass er schon bald den Papst, mächtige Kardinäle und europäische Fürsten zu seinen Auftraggebern zählte. Von der Mitte der 1630er-Jahre bis an sein Lebensende konnte Lorrain, der keine große Werkstatt unterhielt und so gut wie keine Schüler hatte, der Nachfrage nach seinen Gemälden kaum nachkommen.

Zu Lebzeiten wurde Claude Lorrain besonders in Italien und Frankreich geschätzt. Im 18. Jahrhundert fand seine Kunst dann vor allem in England und Deutschland größte Bewunderung. Englische Reisende, die auf ihrer standesgemäßen "Grand Tour" nach Italien kamen, erwarben viele seiner Gemälde, und auch der Hauptteil seiner etwa 1.100 erhaltenen Zeichnungen und etliche seiner Radierungen befinden sich heute in englischen Sammlungen – was sich besonders erkennbar in der englischen Gartenkunst niedergeschlagen hat. Der Einfluss Lorrains auf die deutsche Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts spiegelt sich nicht nur im Urteil Goethes, sondern auch in der deutschen Landschaftsmalerei des Klassizismus. Das Städel Museum besitzt einige Gemälde, die dies bezeugen, so unter anderen das Porträt von "Goethe in der römischen Campagna" (1787) von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein oder die "Landschaft mit dem Dankopfer Noahs" (1803) von Josef Anton Koch. Sie sind seit der Wiedereröffnung des Sammlungsbereichs "Kunst der Moderne" nach abgeschlossener Sanierung des Gartenflügels jetzt wieder im Städel zu sehen.

Katalog: "Claude Lorrain. Die verzauberte Landschaft", mit einem Vorwort von Max Hollein und Christopher Brown sowie Texten von Martin Sonnabend, Jon Whiteley und Christian Rümelin. 260 Seiten, ca. 190 Abbildungen, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2011, ISBN 978-3941399-07-5, (dt. und engl. Ausgabe), 34,90 Euro.

Claude Lorrain. Die verzauberte Landschaft
3. Februar bis 6. Mai 2012