Ungewöhnlicher Dialog zwischen Malerei und Fotografie

Kokett sitzt die Dame auf einer Chaiselounge, raucht Pfeife und mustert ihr Gegenüber mit kühlem Blick. Der Mann neben ihr wirft sich theatralisch in Pose und himmelt sein exzentrisches Pendant scheinbar sehnsüchtig an. Beide sind nur wenige Zentimeter voneinander entfernt und doch trennt sie ein halbes Jahrhundert. "Die junge Pariserin" wurde 1869 von Wilhelm Leibl in Öl verewigt und der "Tenor" um 1928 von August Sander fotografisch in Szene gesetzt.

Gemeinsam mit mehr als 80 anderen Porträts treffen die beiden in der kommenden Sonderausstellung des Wallraf-Richartz-Museums aufeinander. Von Mensch zu Mensch. Wilhelm Leibl & August Sander ist ein faszinierender Dialog über Medien und Jahrzehnte hinweg – zu sehen in Köln vom 17. Mai bis zum 11. August 2013.

Der Maler Leibl (1844-1900) und der Fotograf Sander (1876-1964) gehören zu den wichtigsten deutschen Porträtkünstlern. Auch wenn die beiden Meister sich zu Lebzeiten wohl nie begegneten, so teilten sie doch ihre Faszination für das menschliche Antlitz, wie die Kölner Schau eindrucksvoll unter Beweis stellt. In neun Kapiteln spürt Von Mensch zu Mensch einer unerwarteten Vielfalt an Tangenten, Schnittpunkten und Parallelen nach, die das porträtistische Werk der zwei Ausnahmekünstler aufweist. Jetzt, wo die beiden doch noch aufeinander treffen, zeigt sich überraschend, dass Wilhelm Leibl zu den künstlerischen Wegbereitern von August Sander gezählt werden kann.

Eine weitere Gemeinsamkeit ist geographischer Natur: Köln stellte die Weichen für die Karriere der beiden Künstler. Wilhelm Leibl wird in der Domstadt geboren, doch sein Glück findet er hier nicht. Mit 19 zieht es ihn nach München, wo er zu einem bedeutenden Vertreter des Realismus wird. Den umgekehrten Weg geht August Sander. Im Westerwald aufgewachsen, kommt er mit 36 Jahren nach Köln und steigt hier zu einem der wichtigsten Fotografen des 20. Jahrhunderts auf.

Mit der Ausstellung "Von Mensch zu Mensch" setzt das Wallraf seine Reihe essayistischer Präsentationen ("Hotel California" 2007 und "Auf Leben und Tod" 2010) fort, in denen auf jeweils unterschiedliche Weise die Malerei und die Fotografie miteinander konfrontiert werden. Die aktuelle Sonderschau ist in enger Kooperation mit der Photographischen Sammlung/ SK Stiftung Kultur, Köln, entstanden.

Von Mensch zu Mensch
Wilhelm Leibl & August Sander
17. Mai bis 11. August 2013