Smart Pistols

Die Skulpturen, Fotografien und Zeichnungen von Kata Legrady haben eine irritierende Wirkung. Ihre Kunstwerke konfrontieren den Besucher mit Objekten der Gewalt und entfalten zugleich die Wirkung infantiler Lustobjekte. Egal, ob in Ihren Werken die Waffen gezeichnet, fotografiert oder plastisch ausgeführt worden sind, Kata Legrady stellt diese so dar, dass sie in größtmöglichem Gegensatz erscheinen. Die Waffen sind dabei mit farbenfrohen Schokodrops, mit kostbarem Pelz oder Geldscheinen verziert.

Kata Legrady präsentiert mit so einfachen wie ästhetischen Mitteln, was seit Jahrtausenden den Lauf der Welt bestimmt. Ihre Fetischobjekte sind eine Weiterentwicklung der surrealistischen Objektkunst im Zeitalter der Hochglanzästhetik. In der Ausstellung erscheinen die Verwerfungen und Monstrositäten der Zivilisation im lieblichen Kleid des Konsums – Gewalt paart sich mit "Luxe, Calme et Volupté" (H. Matisse, 1904).

Die Gegensätze im Werk von Kata Legrady könnten nicht größer sein: Auf der einen Seite stählerne Waffen und Munitionen, die zum Verwunden, zum Töten von Menschen geschaffen worden sind. Freundlichbunte Smarties, die Kindheitserinnerungen, Lust auf Süßes und auf unbeschwerten Genuss hervorrufen, auf der anderen Seite. Dort grausames, kalt glänzendes Kriegsgerät, hier Blumen aus Zucker, dort Handgranaten, hier luxuriös-sinnlicher Pelz. Einerseits durchdesignte Tötungsapparate, andererseits detailverliebte Kostbarkeiten wie ein Sattel von Hermès, der zum Ritt auf dem Colt einlädt und unvermittelt an Münchhausen und seine Kanonenkugel oder den Film Dr. Strangelove von Stanley Kubrick erinnert.

Mit den Strategien des Brecht’schen Verfremdungseffektes lässt Kata Legrady die beiden Kehrseiten ein und derselben Medaille vor uns rotieren, die untrennbar mit der Evolution des homo sapiens verbunden ist. Es sind mehrere Sphären des Menschen, die in den Werken Legradys einander durchdringen. Unverkennbar sind die Attribute von Gewalt und Macht, Luxus und Kindlichkeit. Objekte der Gewalt verwandeln sich in Objekte des Luxus und diese wiederum in infantile Liebesobjekte. Die Psychoanalyse hat uns nicht nur die Macht des Sexus über den Menschen gelehrt (S. Freud, W. Reich), sondern auch das Prinzip der Macht selbst (A. Adler).

Das Streben nach Macht ist eine der ältesten Triebfedern des Menschen und wird heute nicht mehr allein mit Waffen ausgeübt. Kapital, Wirtschaftsgüter und ökonomische Abhängigkeiten stellen erweiterte Optionen der Kontrolle über andere dar. Die Luxusgüterindustrie ist zu einem der mächtigsten Wirtschaftszweige der Welt geworden. Sie profitiert von der Ausbeutung der Menschen in Billiglohnländern, welches ebenfalls eine Form der Gewalt darstellt. Menschen haben daher die Macht über andere Menschen durch die Triebstruktur wie über die ökonomische Struktur.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der Waffen ständig präsent sind und in der der Pegel der Gewalt, von der Columbine High-School bis Anders Breivik, über jedes menschliche Maß gestiegen ist. Die Zivil- und Konsumgesellschaft ist zutiefst militarisiert.

Kata Legrady. Smart Pistols
6. Januar bis 30. März 2014