Sitzen - Liegen - Schaukeln

Wer kennt nicht die berühmten Kaffeehausstühle, die geschwungenen Schaukelstühle aus gebogenem Holz oder die Stahlrohrstühle der Bauhaus-Zeit? Das heute im nordhessischen Frankenberg ansässige Familienunternehmen Thonet schreibt seit bald 200 Jahren Möbelgeschichte. Erstmals zeigt eine Ausstellung nicht nur die Klassiker von gestern, sondern richtet den Fokus auf die Neuentwicklungen der Firma Thonet seit 1945.

Selbst bei Kennern werden diese für Überraschungen sorgen. Denn kaum jemand kennt die vielgestaltigen Entwürfe der 1950er und 1960er Jahre und nur wenige wissen, dass Designgrößen wie Norman Foster, Verner Panton oder Konstantin Grcic Stuhlentwürfe für Thonet geliefert haben. Die rund 130 präsentierten Sitzmöbel zeugen von einer gelungenen Synthese von Tradition und zeitgemäßem Design. Das Spektrum reicht vom einfachen Küchenstuhl, Bürodrehstuhl, Freischwinger, Clubsessel und Schaukelstühlen bis hin zu medizinischen Liegen, Sitzgelegenheiten für den Garten und Kindermöbeln. Auf einigen der aktuell produzierten Thonet-Modelle kann der Besucher in der Ausstellung Platz nehmen und Probe sitzen.

Der Firmengründer Michael Thonet (1796 - 1871) erhielt im Jahr 1856 das Patent für das Biegen von vollständig massivem Holz mit Hilfe von Wasserdampf, Metallformen und großem Druck. Thonet hatte nach Techniken gesucht, schöne, haltbare und bezahlbare Möbel in großer Serie herstellen zu können. Mit dem berühmten Kaffeehausstuhl "Nr.14" aus dem Jahr 1859 gelang ihm dies in herausragender Weise. Zahlreiche Nachfolger des Modells messen sich bis heute an der gelungenen Einheit von gutem Design und wirtschaftlicher Produktion. In den 1930er Jahren erkannte man bei Thonet das Potenzial des neuen Materials Stahlrohr. Schon bald darauf war Thonet weltweit größter Produzent von Stahlrohrmöbeln und erlangte Weltruhm.

Auch nach 1945 sind das charakteristische Bugholz sowie das Stahlrohr die Erkennungszeichen vieler Thonet-Modelle, wenngleich die Technologie heutigen Anforderungen angepasst oder mit alternativen Herstellungstechniken kombiniert wurden. Mit der Renaissance der Bugholzmöbel in den 1960er Jahren erlangte der Kaffeehausstuhl Nr.14 nahezu Kultcharakter. Seit 1960 wird er wieder produziert und dient bis heute als Inspirationsquelle. Selbst die jüngste Designer-Generation verweist mit modernen Interpretationen auf die unveränderte Aktualität dieses Klassikers. Stefan Diez, Designer für Thonet, begeistert "diese verrückte Idee Holz so zu biegen, also ob es ein zweites Mal wächst" nach wie vor.

Die Stuhlentwürfe seit 1945 bis heute sind immer auch vor dem Hintergrund der langen Firmentradition zu sehen. Charakteristische Bauweisen und Technologien sowie ästhetische Prinzipien sind generationsübergreifend als roter Faden erkennbar. Die firmeneigene Designabteilung, aber auch renommierte Designer wie beispielweise Verner Panton, Gerd Lange, Robert Stadler, Stefan Diez, Norman Foster, Peter Maly und Konstantin Grcic lieferten Entwürfe für Thonet, die vom respektvollen Umgang mit den Klassikern zeugen und gleichzeitig eine strikte Eigenständigkeit aufweisen. Gestern wie heute stehen Thonet-Möbel für geradliniges und durchdachtes Design sowie gute Qualität der Materialien und Ausführung.


Sitzen - Liegen - Schaukeln
Möbel von Thonet
17. April bis 14. September 2014