Selbstverständlich?

15. Januar 2014 Rosemarie Schmitt
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Eine Revolution, so ist bei Wikipedia zu lesen, ist ein grundlegender und nachhaltiger struktureller Wandel eines oder mehrerer Systeme, der meist abrupt oder in relativ kurzer Zeit erfolgt. Er kann friedlich oder gewaltsam vor sich gehen. Ein Paradebeispiel solch einer gewaltsamen Revolution begann im Jahre 1789 mit dem "Sturm auf die Bastille" in Paris. Doch nicht nur in Frankreich, sondern ebenso im übrigen Europa strebten die Bürger nach einem gerechteren und lebenswerteren Dasein.

Während in Paris das Gefängnis gestürmt wurde, ging man in Österreich zur gleichen Zeit, mit vergleichbaren Zielen andere, friedliche, Wege. Mit Musik, ja, mit Hilfe der Musik musste es doch möglich sein, die Gesellschaft dieser Welt ein klein wenig zu verbessern, oder wenigstens das oft so bittere Leben der Menschen zu versüßen. Es war die Zeit der Wiener Klassik, die Zeit von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven. Zwar wurde keiner dieser drei Komponisten in Wien geboren, doch zog es sie dort hin, denn in Wien befand sich das kulturelle Zentrum, insbesondere das der Musik, durch die Förderung des Hofes.

"Wir dürfen uns glücklich schätzen, diese erstaunliche Musik zu haben. Man nimmt sie sehr leicht als etwas Selbstverständliches hin. Wir tun das nicht – wir lieben sie!" Dies sagte Sir Roger Norrington, und mit wir meinte er das Zürcher Kammerorchester und den Pianisten Sebastian Knauer. Sie gemeinsam haben eine CD mit Kompositionen von Mozart (Klavierkonzert Nr.27), Haydn (Klaviersonate Nr.19) und Beethoven (Klavierkonzert Nr.2) aufgenommen, die mich sofort tief berührte und faszinierte. Es gibt Aufnahmen, da stimmt einfach alles, und diese "Vienna 1789" (Berlin Classics) ist eine solche.

Zum einen liegt es an der Wahl der Werke, denn alle drei wurden etwa zur gleichen Zeit komponiert, zum anderen an der Wahl der Musiker, dessen Zusammenspiel harmonischer nicht sein könnte. Wenn Sie je die Frage zu beantworten haben: Was ist Klassik?, dann legen Sie diese CD auf und antworten: Das ist Klassik! Eine Musik, die auf jegliche Schnörkelei verzichtet und durch Können, Begabung und Taktgefühl (nicht nur in musikalischer Hinsicht) überzeugt. Es sind lediglich Details, die es zwischen dem Leiter dieser Einspielung, Sir Roger Norrington, und dem Zürcher Kammerorchester während der Proben zu besprechen gilt. Das Wesentliche, das Verständnis für die Werke, der musikalische Anspruch und die Professionalität sind klar.

Wer mich jedoch auf besondere Weise überzeugt und berührt ist der Pianist Sebastian Knauer. Ich schwimme gegen den Mainstream, gegen den Geschmack der Massen, denn ich mag noch lang lang nicht alles was die Massen mögen! Ich mag das Klavierspiel von Knauer, und zwar sehr! Erwachsen, reif, meisterhaft, klar, präzise, sensibel, mit einer dominanten Leichtigkeit und Gewißheit, dass es genau so und nicht anders zu klingen hat. Die Musik, nicht seine Person setzt er an die erste Stelle. Er ist extrovertiert im eigentlichen und im positiven Sinne, nämlich der Mitteilsamkeit bezüglich der musikalischen Kommunikation.

Ich darf mich glücklich schätzen, diese erstaunliche Musik (Vienna 1789 / Berlin Classics) zu haben. Man nimmt sie sehr leicht als etwas Selbstverständliches hin. Ich tue das nicht – ich liebe sie!

Herzlich,
Ihre Rosemarie Schmitt