Sehr weise, die verschiedenen Veränderungen.

7. November 2018 Rosemarie Schmitt
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Mit 56 Jahren (1741) war er mitten im Leben, und das Leben mitten in ihm. Johann Sebastians Töchterlein Regina Johanna wurde getauft und er komponierte eines seiner jetzt berühmtesten Klavierwerke: Die Goldberg Variationen.

Haben Sie sich je gefragt, woher das Werk seinen Namen hat? Ich fragte mich, konnte mir aber keine Antwort geben. Also recherchierte ich für mich und für Sie.

Der Namensgeber war Johann Gottlieb! Und da es sich nicht um Gottlieb-, sondern Goldberg-Variationen handelt, hieß Johann Gottlieb am Ende Goldberg. Von Anfang an! Herr Bach war 42 Jahre älter als der Tastenvirtuose Goldberg. Er soll, weshalb die Bezeichnung Tastenvirtuose keineswegs übertrieben ist, ein ihm unbekanntes Stück verkehrt herum auf dem Notenpult liegend, auf Anhieb richtig gespielt haben! Unterrichtet wurde er von Johann Sebastian Bach! Ich vermute, richtig herum!

Goldberg maß seine eigenen Kompositionen stets an denen seines Lehrers und konnte diese, seine Ansprüche an sich selbst nicht erfüllen. Also zerriss er viele seiner Werke. Sehr schade!

Ursprünglich hießen die späteren Goldberg-Variationen: Aria (Weise) mit verschiedenen Veränderungen (BWV 988). Bach hatte dem russischen Gesandten Reichsgraf Hermann Carl Keyserlingk, so steht es geschieben, ein druckfrisches Exemplar dieser Kompositionen mit einer Widmung überreicht. Keyserlingks damaliger Cembalist war der 14-jährige Johann Gottlieb Goldberg. Das ist noch nicht das Ende der Geschichte, denn, wenn Anekdoten wahr sind, dann bat der Reichsgraf den Cembalisten, wenn er des Nachts nicht einschlafen konnte: "Spiele er mir meine (!) Variationen!"

Diese göttlichen, unantastbaren Goldberg Variationen.

Na, wer traut sich hier und heute, diese göttlich unantastbaren Goldberg Variationen von Johann Sebastian Bach statt auf Klavier, Cembalo oder Lautenwerk nun mit Orchester zu spielen? Weshalb eigentlich nicht? Lautete der ursprünglich von Johann Sebastian Bach gegebene Titel nicht "Aria mit verschiedenen Veränderungen"?

Also, wenn sich jemand da ran trauen sollte oder darf, dann müsste es mindestens ein Echo-Preisträger sein oder von einem solchen angeleitet werden. Der norwegische Echo-Preisträger Henning Kraggerud ist so einer! Wenn man so gut ist, braucht man keinen Mut!

Er traute sich nicht, sondern traute sich zu! Zuwas? Zurecht! Und zwar die Goldberg-Variationen von J. S. Bach in einer Orchesterfassung einzuspielen.

Er hat sich mit ihnen getraut!

Mit dem von ihm geleiteten Ensemble Arctic Philharmonic hat der Violinvirtuose und Dirigent alles richtig gemacht. Auch eingeschworene Bach-Kenner werden an dieser gelungenen Produktion ihre Freude haben Ich wage das zu behaupten, obschon ich kein Bach-Kenner, sondern nur eine Bach-Mögerin bis.

Kraggerud, der nicht nur einer der besten Violinisten seiner Generation ist, sondern auch ein viel gefragter Komponist, Arrangeur und Orchesterleiter hat mit dem von ihm geleiteten Ensemble Arctic Philharmonic einiges gewagt und viel gewonnen! Aufgenommen in einer kleinen Barock-Kirche mit wunderbarer Akustik, stehend eingespielt mit kleinem Ensemble in historisch informierter Aufführungspraxis erklingen Bachs zeitlos berührenden Goldberg Variationen ebenso intim, wie auf dem Tasteninstrument, aber um nie gehörte Klangfarben ergänzt. Einspielungen wie diese, sind eine Bereicherung und werden der Fan Gemeinde Johann Sebastian Bachs viele Musikliebenden zusätzlich bescheren.

Apropos bescheren: Schon ganz bald ist Weihnachten. Lassen Sie sich dieses Jahr nicht wieder derart überraschen, weil Weihnachten mal wieder so plötzlich ... Ach, und die Geschenke! Wer? Was?
Diese Musik ist ein Geschenk!!

Goldberg-Variationen (arr. für Orchester) J. S. Bach
Arctic Philharmonic Chamber Orchestra / Henning Kraggerud
NAXOS/ Simax
PSC1353 1 CD

Herzlich,
Ihre Rosemarie Schmitt