Schriftstellerinnen auf freier Wildbahn

28. November 2012 Rosemarie Schmitt
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Es war im Juni 2012, als sie sich trafen und beschlossen, das Literarische Colloquium Berlin (LCB) für einen Tag zu ihrer Wildbahn zu machen. Im kommenden Jahr sind es 50 Jahre her, seit der deutsche Schriftsteller, Literaturkritiker und Literaturwissenschaftler Walter Höllerer, (der ab 1954 an den Treffen der Gruppe 47 teilnahm) das LCB gründete. Am kommenden 19. Dezember würde Höllerer seinen 90. Geburtstag feiern, doch im Mai werden es bereits 10 Jahre her sein, seit er seine letzte Reise antrat. Seit 1963 also, ist das LCB Veranstaltungsforum und Gästehaus, Arbeitsstätte und Talentschmiede für Autoren und Übersetzer.

Mit seinen Förderprogrammen, Projektinitiativen und der traditionsreichen Zeitschrift "Sprache im technischen Zeitalter" genießt das LCB den Ruf einer Institution mit internationaler Ausstrahlung. Lesungen, Workshops für Autoren und Übersetzer, Gäste aus aller Welt machen das Haus am Wannsee zu einem Ort der lebendigen Auseinandersetzung mit Literatur. Waren es in den 1960er Jahren Hubert Fichte, Peter Bichsel und Nicolas Born, die sich im LCB einfanden, um in der Autorenwerkstatt "Prosaschreiben" mit Mentoren wie Günter Grass, Peter Rühmkorf und Peter Weiss an Texten zu arbeiten so waren es im Juni diesen Jahres Schriftstellerinnen aus den Reihen der Autorinnenvereinigung e.V. die sich hier trafen um zu sprechen und zu lesen. Während dieser erfolgreichen Internationalen Gespräche fanden die 60-Sekunden-Lesungen statt.

Nun mögen Sie zu Recht fragen, was es denn damit auf sich hat. Nun, jede der anwesenden 22 Autorinnen hatte 60 Sekunden Zeit Ihren Text vorzutragen. Ob Lyrik, Kurzprosa oder Romanauszüge, kurz und knapp lautete die Devise. Kurz und gut, wer noch immer dem Vorurteil frönt, Frauen benötigten viele Worte um Wichtiges zu sagen und auf den Punkt zu bringen, der möge sich jenen Mitschnitt dieser Lesungen anhören! Kurzweilig, lebendig, unterhaltsam, vielsagend wenig redend, vielsagend, geben die Autorinnen einen Einblick in ihr literarisches Schaffen.

Sie möchten wissen, was der Advent samt den zu ihm gehörenden dicken roten Kerzen, dem Tannenzapfenduft und dem Nikolaus (anziehend und unheimlich zugleich) mit einer Kalaschnikow, mit Marie und dem SEK zu tun haben? Die Schriftstellerin Marie Bastide wird es ihnen verraten, in 60 Sekunden! Doch seien Sie gewiß, es ist kein Pappenstiel und auch "Kein Kinderlied"! Wer hat weshalb seinen Traum umgebracht? Was macht Yvonne mit den Menschen, was machen die Menschen mit ihr? Was werden diese Texte mit Ihnen machen, liebe Leser?

(...) Als gehörten meine Ohren dem vorlauten
Rausch aus Flugzeugen und Fluchten:
Das Gewimmer der Welt lässt uns nur
Noch reisen mit offenen Mündern, (...)
(Petra Ganglbauer aus "Im Schonungslosen.")

Mit "Wir liefern auf Bestellung" ist die wunderbare Berliner Schriftstellerin Claudia Breitsprecher zu hören. "Auszeit", so der Titel ihres aktuellen Romanes, für den sie im September, im Haus der Literatur in Leipzig, die Auszeichnung "Autorin des Jahres" (Autorinnenvereinigung) erhielt. Sie ist sehr besonders, diese CD mit einer Laufzeit von ca. 28 Minuten. Wenn 22 Autorinnen je 1 Minute lesen, Sie haben völlig Recht, so lesen sie 22 Minuten. Die restlichen (etwa) 6 Minuten nimmt die musikalische Begleitung von Cordula Sauter (Akkordeon) und Sylvia Oelkrug (Violine) ein. Zu beziehen ist diese CD bei stefanie.jerz(at)gmx.de für 4,- Euro ( zuzügl. Versandkosten)

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt