René Burri – Doppelleben

Der Schweizer Magnum-Fotograf René Burri hat die Geschichte der Dokumentarfotografie des 20. Jahrhunderts massgebend mitgeprägt. Viele seiner Bilder in Schwarz-Weiss wie der Zigarre rauchende Che Guevara oder die Arbeiten zu Le Corbusier sind weltbekannt. Seine Farbfotografie hingegen fand bis anhin weniger Beachtung. Das Museum für Gestaltung Zürich schliesst diese Lücke und gewährt dem Publikum Einblick in die zwei Leben des Fotografen.

Die Ausstellung vereint zum ersten Mal die zwei Bereiche – das überwiegend unbekannte Farbwerk mit den Kurzgeschichten hinter den berühmten Schwarz-Weiss-Fotografien. Präsentiert werden 84 Farbbilder, die zwischen 1956 und 2004 entstanden sind, sowie 9 Bildessays in Schwarz-Weiss. Die Farbfotografien hat Burri in den vergangenen Jahren komplett gesichtet und editiert. Aus diesem Fundus wurden die besten Arbeiten ausgewählt und in thematische Gruppen gefasst. Zugleich hat Burri auf Einladung des Museums das visuelle Umfeld einiger seiner Ikonen untersucht. Die meisten dieser insgesamt 80 Bilder in Schwarz-Weiss werden anlässlich der Ausstellung zum ersten Mal überhaupt vergrössert.

Über Jahrzehnte hatte Burri bei seinen Reisen wenigstens zwei Kleinbildkameras dabei, die eine für Schwarz-Weiss, die andere für Farbe. Burris Weg in die Farbe war einsam und nicht ganz freiwillig, war die Farbfotografie in jenen Tagen besonders in der Agentur Magnum eher verpönt. Dennoch wurden die Zeitschriften dank neuen Druckverfahren immer farbiger, und die Verleger forderten vermehrt Bilder in Farbe. Den zentralen Aspekt der Ausstellung bildet Burris Gabe, sich parallel – handwerklich versiert und künstlerisch interessiert – beider Ausdrucksmittel zu bedienen: in einem Moment eine Welt in Grauwerten, Strukturen, harten Kontrasten zu sehen und wenig später in ihr sinnstiftende Farben zu entdecken. Dabei ging es ihm nie um den blossen Bild-beleg. Stets suchte er darüber hinaus eine formal und ästhetisch anspruchsvolle Lösung.

Seine Bildessays in Schwarz-Weiss hat Burri alle als Kontaktkopien akribisch archiviert. Mit diesen lässt sich nachvollziehen, wie sich der Fotograf seinen Themen, Sujets und Porträtierten angenähert hat – die Geschichten hinter den Bildern werden sichtbar: Ikonen der Fotogeschichte wie "Männer auf dem Dach" in São Paulo (1960) oder "Picasso beim Stierkampf" in Nîmes (1957) gehören ebenso dazu wie weniger bekannte Bilder, beispielsweise die eindrücklichen "Thunfischer vor Favignana" (1956).

René Burri wurde 1933 in Zürich geboren. Nach seinem Studium in der legendären Fotoklasse bei Hans Finsler an der damaligen Kunstgewerbeschule Zürich (heute ZHdK) und ersten Film- und Fotoaufträgen arbeitet Burri ab 1956 als Korresopndent der renommierten Bildagentur Magnum. Es folgen unzählige Reportagen aus aller Welt, u.a. der Tschechoslowakei, Ägypten, dem Irak, Argentinien, Brasilien und Japan. Viele seiner Arbeiten erscheinen in Magazinen wie "DU" oder "Life". Ab 1959 ist Burri Vollmitglied von Magnum, im selben Jahr startet auch die systematische Auseinandersetzung mit Le Corbusier. 1963 bereist Burri Kuba und Nordamerika. Er beginnt, seine Arbeitszeit zwischen Fotografie und Film aufzuteilen. Ab 1980 wird sein Werk weltweit in zahlreichen Ausstellungen bedeutender Museen gezeigt. René Burri lebt in Ivry sur Seine bei Paris und in Zürich.

René Burri – Doppelleben
5. Juni bis 13. Oktober 2013