Pure Sinnlichkeit: Marilyn Monroe

23. April 2012 Walter Gasperi
Bildteil

Sie wollte als Schauspielerin ernst genommen werden, wollte Charakterrollen spielen, doch immer blieb Marilyn Monroe auf die Rolle des Sexsymbols reduziert. Schwer trug der 1962 im Alter von 36 Jahren verstorbene Star an diesem Widerspruch von Fremdbild und Selbstbild. Dass sie immer noch fasziniert, beweisen zwei aktuelle Filme.

Ungebrochen ist das Interesse an Marilyn Monroe. Erst kürzlich wurde ein Schulzeugnis von ihr um knapp 16.000 Euro versteigert, zwei aktuelle Filme kreisen um diese Ikone des 20. Jahrhunderts. Während Simon Curtis in "My Week with Marilyn" um den einwöchigen England-Aufenthalt des Stars für die Dreharbeiten an "The Prince and the Showgirl" kreist, erscheint im französischen Thriller "Poupoupidou" eine Provinzschönheit des französischen Jura als Wiedergängerin der Monroe mit markanten Parallelen in den Biographien.

Denkbar ungünstig war die Ausgangssituation für die am 1. Juni 1926 in Los Angeles geborene Norma Jeane Baker. Ihre psychisch kranke Mutter musste die Tochter in verschiedene Pflegefamilien geben, schon im Alter von 16 Jahren wurde sie verheiratet und musste die Schule verlassen. Während ihrer Arbeit in einer Rüstungsfabrik wurde sie 1945 als Fotomodell entdeckt und wurde bald national bekannt. Auf Anraten ihrer Agentin ließ sie die brünetten Haare blondieren und sie selbst wählte für sich dem Vornamen der Tänzerin Marilyn Miller und dem Geburtsnamen ihrer Mutter den Künstlernamen Marilyn Monroe.

1946 erhielt sie einen Einjahresvertrag bei 20th Century Fox und spielte ihre erste bedeutende Nebenrolle in "Love Happy" (1948), dem letzten Film der Marx Bothers. Kleinere Rollen in Filmen wie Joseph L. Mankiewicz "All about Eve" (1950) und John Hustons "The Asphalt Jungle" (1950) folgten, ehe 20th Century Fox begann sie konsequent zum Sexsymbol aufzubauen.

Bei Henry Hathaways "Niagara" (1953), in dem sie eine gewissenlose Ehefrau spielt, die die Ermordung ihres Mannes plant, setzte die Publicity ganz auf ihre körperlichen Reize, in Howard Hawks´ "Gentlemen prefer Blondes" (1953) durfte sie lustvoll damit spielen und mit "Diamonds are a Girl´s Best Friend" eines ihrer berühmtesten Lieder singen. Auch "How to Marry a Millionaire" (1953), in dem sie die Rolle aus "Gentlemen prefer Blondes" variierte, wurde begeistert aufgenommen.

Mit Otto Preminger, der sich wenig schmeichelhaft über den Star äußerte ("Marilyn Monroe ist wie Lassie. Mit ihr muss man 14 Mal die gleiche Szene drehen, bevor sie an der richtigen Stelle bellt"), drehte sie mit "River of no Return" (1954) ihren einzigen echten Western, zweimal besetzte sie Billy Wilder – und trug mit diesen Filmen wesentlich zu ihrem Ruf bei.

Legendär ist die Szene in "The Seven Year Itch" (1955), in der ihr weißes Kleid über einem U-Bahn-Schacht hochgeweht wird, sowie ihr Song "I wanna be Loved by you" in dem zeitlosen Komödien-Klassiker "Some Like It Hot" (1959).

Die Monroe wollte sich aber nie auf die Rolle des Sexsymbols festschreiben lassen, wollte Charakterrollen spielen. Um dieses Ziel zu erreichen gründete sie eine eigene Firma, nahm Schauspielunterricht an Lee Strasbergs Actors Studio. In "Bus Stop" (1956), den sie nach ihren Vorstellungen vorbereiten konnte, zeigte sie als Saloonsängerin Cherie eine ihrer besten Leistungen.

Als einziger Film der Marilyn Monroe Productions Inc. entstand in England "The Prince and the Showgirl" (1957). Mit Theaterstar Laurence Olivier wollte sich Monroe endgültig von ihrem Rollenklischee befreien und zur anerkannten Schauspielerin werden - so wie Olivier damit vom gefeierten Shakespeare-Regisseur und - Schauspieler zum populären Star werden wollte -, doch der Film hatte nicht den gewünschten Erfolg.

Die Anforderungen des Starsystems und die Ausbeutung des Privatlebens trieben Monroe zunehmen in eine psychische Krise sowie in Medikamentenmissbrauch. Zunehmend schwieriger gestalteten sich dadurch auch Dreharbeiten, denn Monroe erschien oft Stunden verspätet und konnte ihre Texte nicht behalten.

1961 entstand mit "The Misfits", zu dem ihr damaliger Noch-Ehemann Arthur Miller das Drehbuch schrieb, ihr – und auch Clark Gables – letzter Film. Mit diesem Film schien sich endlich Monroes Wechsel ins Charakterfach zu vollziehen. Sie brillierte als einsame, gerade geschiedene Frau, die drei gescheiterte Männer kennen lernt, wobei eindringlich Menschlichkeit und Gefühllosigkeit aufeinander treffen.

Mit "Something´s Got to Give" sollte wieder eine leichte Komödie folgen, doch dieser Film blieb unvollendet. Monroe wurde sogar entlassen, weil sie sich krank schreiben ließ, gleichzeitig aber bei der Präsidentengala in New York für John F. Kennedy ihr legendäres "Happy Birthday, Mr. President" sang. Nach Verhandlungen konnte man sich zwar auf eine Fortsetzung von "Something´s Got to Give" einigen, doch vor Fertigstellung starb Monroe am 5. August 1962 in Los Angeles an einer Medikamentenvergiftung. Verschwörungstheorien über ihren Tod halten sich bis heute.

Marilyn Monroe: "Happy Birthday, Mr. President"