Pasticcio alla Händel

13. Juli 2011 Rosemarie Schmitt
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Dieses Pasticcio ist nicht einfach, aber einfach köstlich! Wie eigens geschaffen für eine dieser kleinen Fluchten aus dem Alltag. Ein Genuß für die Seele und den Hunger nach Frieden stillend während der Reise in eine meiner kleinen Welten. Sie haben die Wahl, entweder Sie kommen freiwillig mit, oder lassen sich von mir entführen. Vorausgesetzt Sie erwarten nun kein schmackhaftes italienisches Pastetchen! Lieben Sie die Musik des Barock? Mögen Sie Händel? Sie sind bereit für Außgewöhnliches?

Begleiten Sie mich über diese musikalische Brücke, im Wesentlichen erbaut von Werner Ehrhardts Orchester L’arte del mondo und ihren türkischen Kollegen, den Mitgliedern des Pera Ensembles unter der Leitung von Mehmet C. Yeşilçay. Gemeinsam mit den Solisten Juanita Lascarro, Ahmet Özhan, Florin Cezar Ouatu servieren sie Ihnen das außergewöhnlichste Händel-Pasticcio, daß Sie je genossen haben werden. Ein Pasticcio, zubereitet aus Arien der beliebtesten Händel-Opern, gewürzt mit feinen türkischen Harmonien. Nun wird sich endlich eingemischt in die Liebesgeschichte zwischen dem Christen Rinaldo und der türkischen Muslimin Armida. Und die Musik dient dieser Einmischung in vorbildlicher Weise als gemeinsame Sprache. Zu "Wort" kommen beiderseits nicht nur die Vokalisten, sondern auch die landestypischen Musikinstrumente! Ach, Völkerverständigung kann so schön sein. Einfach schön!

Die Lady auf den Cover der CD ist für ihren orientalischen Liebsten ganz offensichtlich gut zu händeln. Doch Händel selbst? Wie klingt es, wenn ein türkischer Sufi-Sänger gemeinsam mit einer Kolumbianerin eine Händelarie singt? Es klingt keineswegs suffisant (frz.), sondern einfühlsam und "grenzenlos" romantisch. Der rumänische Countertenor Florin Cezar Ouatu zerstreute mit seiner Interpretation von "Ombra mai fu" meine letzten Zweifel bereits nach den ersten Takten. Oh ja, Zweifel hegte ich durchaus. "Was werden sie aus unserem Händel machen? Ist seine Musik ihnen so fremd wie uns Europäern die orientalische Musik? Händel im Land der tanzenden Derwische?" Was jedoch überwog, war meine Neugierde. Kaum etwas wird so subjektiv beurteilt wie Musik und kulturell bedingt derart unterschiedlich empfunden und verstanden. Außerdem mag ich orientalische Musik (von eben solchen Komponisten) sehr gerne.

Das Album "Amor Oriental", vom SONY-Label Harmonia Mundi, schafft es inzwischen nicht mehr, sich weiter als zwei Meter von meinem CD-Spieler zu entfernen. Jederzeit griffbereit für einen kurzen Urlaub in die Türkei, den ich besonders genieße bei Ahmet Özhans "Güzel Âsik", eine Komposition des 20. Jahrhunderts mit einem Text des bereits 1550 verstorbenen Pir Sultan Abdal. Ein in der Tat grenzenloses Vergnügen, diese Aufnahme, die übrigens ein Mitschnitt eines Konzertes in der Berliner Philharmonie ist, bei dem ich gerne dabei gewesen wäre, jetzt, nachdem ich "Händel alla turca" kenne.

MultiKulti, Toleranz, Integration, miteinander statt gegeneinander.
Worte kommen selten an, Musik immer!

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt