Pandemie treibt Online-Kunsthandel an

Beim weltweiten Absatz von Kunst und Antiquitäten gab es 2020 insgesamt einen Einbruch um 22 Prozent gegenüber dem Jahr davor. Online-Verkäufe jedoch erreichten ein neues Rekordhoch und verdoppelten sich im Wert. Dies geht aus dem 5. Art Market Report hervor, den die Art Basel und die Schweizer Großbank UBS diese Woche veröffentlicht haben. Der Bericht basiert auf einer aktuellen Umfrage von 2'569 High-Net-Worth-Sammlern (HNW), die von Arts Economics und UBS Investor Watch in zehn Märkten durchgeführt wurde.

Konkret erreichte der weltweite Absatz von Kunst und Antiquitäten 2020 laut dem Report schätzungsweise 50,1 Mrd. US-Dollar, was einem Rückgang von 22 Prozent gegenüber 2019 entspricht, aber immer noch deutlich über dem Tiefststand während der Rezession von 2009 liegt, als der Umsatz um 36 Prozent auf 39,5 Mrd. US-Dollar zurückging. Der US-amerikanische Markt behauptete dabei seine klare Spitzenposition mit einem Anteil von 42 Prozent an den weltweiten Verkaufswerten. Greater China und das Vereinigte britische Königreich folgen dahinter mit jeweils 20 Prozent. China wurde zudem zum grösten öffentlichen Auktionsmarkt und überholte dabei die USA mit einem Anteil von 36 Prozent des Umsatzes nach Wert.

Zwar ist der Gesamtumsatz eingebrochen, andererseits kletterte der Online-Gesamtumsatz mit 12,4 Mrd. US-Dollar auf ein neues Rekordhoch und verdoppelte damit seinen Wert gegenüber 2019. Der Anteil der Online-Verkäufe stieg ebenfalls von 9 Prozent des Gesamtumsatzes im Jahr 2019 auf 25 Prozent im Jahr 2020, insbesondere der Anteil des elektronischen Geschäftsverkehrs im Kunstmarkt überstieg den des allgemeinen Einzelhandels.

Weitere Ergebnisse aus der HNW Sammler-Umfrage:

  • Erhöhtes Interesse: 66 Prozent der befragten Sammler waren der Meinung, dass die Pandemie ihr Interesse am Sammeln erhöht hat, 32 Prozent hoben hervor, sogar signifikant mehr Interesse zu haben. Auch 2021 werden demnach HNW-Sammler aktiv Kunst sammeln, die Mehrheit (57 Prozent) plane, weitere Werke für ihre Sammlungen zu kaufen.
  • Instagram als Verkaufskanal: Die Sozialen Medien waren im Kunstmarkt weiterhin ein wichtiger Absatzkanal. Etwa ein Drittel der Sammler kaufte laut der Umfrage Kunst über Instagram im Jahr 2020.
  • Gender: Frauen gaben im Jahr 2020 mehr aus als Männer, wobei ihre durchschnittlichen Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent, in den USA, Grossbritannien, Frankreich und Festlandchina sogar über diesen Wert, stiegen.
  • Generationen Trend: Millennial-Sammler haben 2020 höhere Ausgaben getätigt. 30 Prozent gaben mehr als 1 Million US-Dollar aus (gegenüber 17 Prozent der Boomer).
  • Kunstmessen: Trotz der hohen Anzahl von Veranstaltungen, die abgesagt wurden, gaben 41 Prozent der Sammler an, dass sie 2020 auf einer Kunstmesse einen Kauf getätigt haben, während 45 Prozent berichteten, dass sie ein Werk über den Online Viewing Room (OVR) einer Kunstmesse gekauft haben.
  • Persönliche Begegnungen: Rund 90 Prozent der befragten Sammler hatten im Laufe des Jahres den OVR einer Galerie oder Kunstmesse besucht, jedoch zieht die Mehrheit (66 Prozent) den Besuch einer physischen Ausstellung in einer Galerie oder einer Kunstmesse vor, um zum Verkauf stehende Werke zu sehen.

Nach Ansicht von Christl Novakovic, CEO der UBS Europe und Head Wealth Management Europe und Vorsitzende des UBS Art Board, markierte das Jahr 2020 einen Wendepunkt für die digitale Innovation im Kunstmarkt. Novakovic: "Der Wechsel zu Online-Plattformen ermöglichte das Sammeln von Kunst, erhöhte Transparenz und stärkte den Markt, selbst als nationale Lockdowns Galerien, Live-Auktionen und Museen zwangen, ihre Türen zu schliessen."

Clare McAndrew, Gründerin von Arts Economics, konstatiert, dass der Kunstmarkt denkbar schlecht vorbereitet gewesen, um mit den Realitäten der Covid-19-Pandemie umzugehen, da er sich hauptsächlich aus kleinen Unternehmen zusammensetze, die auf diskrete Transaktionen, Reisen und persönlichen Kontakt angewiesen seien. Der Umsatzrückgang sei daher unausweichlich gewesen. Gleichzeitig verweist sie darauf, dass die Krise aber auch den Anstoss für Veränderungen und Umstrukturierungen gegeben habe, wobei der grundlegendste Wandel die Einführung digitaler Strategien und der Vertrieb von Kunst online gewesen seien, ein Bereich in dem der Kunsthandel bisher weit hinter anderen Branchen zurückgeblieben sei. Obwohl die Unternehmen immer noch daran seien, herauszufinden, wie sie den neuen, online-basierten Markt mit dem persönlichen Erlebnis von offline-Verkäufen und -Events in Einklang bringen können, würden nur wenige diese Neuerungen als vorübergehend ansehen.