Oliver Ressler - Auswirkungen des Klimawandels und den Widerstand dagegen sichtbar machen

In Oliver Resslers Werkschau im Belvedere 21 stehen Arbeiten zur Klimakrise im Mittelpunkt. Die Filme, Fotografien und Installationen des österreichischen Künstlers, Aktivisten und Filmemachers nehmen in dokumentarischen Formaten ihren Ausgang und beziehen engagiert Stellung.

Oliver Resslers künstlerisch-aktivistischer Praxis liegt die Überzeugung zugrunde, dass gesellschaftliche Verhältnisse nicht gegeben, sondern vielmehr veränderbar sind. Seit etwa drei Jahrzehnten nimmt Ressler dringliche Aspekte von Demokratie, Ökonomie, Migration und Ökologie in den Blick, um strukturelle Ursachen, aber auch Widerstandsformen und Handlungsoptionen aufzuzeigen. Gesellschaftliche Alternativen denkbar zu machen und zu entwerfen, ist dabei ein zentrales Motiv. Dog Days Bite Back versammelt filmische und fotografische Arbeiten der letzten Jahre, die verschiedene Dimensionen der Klimakrise in ihrer ökonomischen, politischen und sozialen Komplexität adressieren und mit international agierenden Klimagerechtigkeitsbewegungen verschränken. Ressler bringt die inzwischen weltweit – von der Arktis bis zum Inselstaat Nauru im pazifischen Ozean – spürbaren Effekte des bevorstehenden Klimakollaps in Zusammenhang mit systematischen klimapolitischen Verfehlungen und dem überfälligen Paradigmenwechsel in globalen Wirtschaftssystemen.

So widmen sich etwa die beiden Filme "Barricade Cultures of the Future" (2021) und "Overturn the Present, Barricade the Future" (2021) der Frage, welche Strategien Künstler:innen als Teil verschiedener Klimagerechtigkeitsbewegungen entwickeln und zum Einsatz bringen. Auch "Not Sinking, Swarming" (2021) beleuchtet Prozesse der Organisierung zivilen Ungehorsams, bedient sich aber der Verpixelung als zentralem ästhetischem Mittel, um die Anonymität der Akteur:innen zu wahren. Die verbindendende Qualität eines gemeinsamen Slogans zeigt die auf gefundenem und von Ressler gedrehtem Filmmaterial basierende kurze Videocollage "A-Anti-Anticapitalista" (2021) und verweist damit auf den Konsens, dass die Klimazerstörung nicht durch individuelles Verhalten, sondern nur durch einen systemischen Wandel gebremst werden kann.

"Green House" (1994), das älteste der ausgestellten Werke, ist nicht nur eine Visualisierung des englischen Begriffs "greenhouse effect" (Treibhauseffekt), sondern markiert auch das frühe Interesse des Künstlers an der Klimathematik ebenso wie seine Entwicklung vom klassischen Medium der Malerei hin zu zeitbasierten, dokumentarischen Techniken. Eine der rezentesten und zugleich zentralsten Arbeiten der Ausstellung ist die Zweikanal-Videoinstallation "Climate Feedback Loops" (2023): Eindrucksvolle Bilder von Svalbard, einer Inselgruppe zwischen der Nordküste Norwegens und dem Nordpol, zeigen die massive Störung des Ökosystems der Arktis als Resultat von Kettenreaktionen und Verstärkungseffekten, denen der Temperaturanstieg zugrunde liegt, und werden von rauen Sounds als akustischer Entsprechung begleitet. Der gemeinsam mit Zanny Begg realisierte Film "Anubumin" (2017) hingegen nimmt den Inselstaat Nauru im Pazifischen Ozean in den Blick, der nach dem exzessiven Abbau von Bodenschätzen unfruchtbar ist und seit 2001 im Auftrag und auf Kosten Australiens sogenannte Auffanglager für Geflüchtete betreibt, während der steigende Meeresspiegel das Leben auf der Insel zunehmend bedroht.

Technologische Ansätze zur Reduktion von CO2 in der Atmosphäre thematisiert Oliver Ressler in "Carbon and Captivity" (2020) anhand der Methode "Carbon Capture and Storage" (CCS), die er als Strategie von Ölkonzernen entlarvt, um Maßnahmen der Dekarbonisierung zu verzögern. Mit "Storage Block" (2024) integriert der Künstler ein als Sitzmöbel nutzbares Objekt, das mit dem experimentellen Verfahren "Carbon Capture and Utilization" (CCU) aus biobasiertem Harz speziell für die Schau im Belvedere 21 hergestellt wurde. Die Verschränkung ökologischer und ökonomischer Kontexte verhandelt die gemeinsam mit Dario Azzellini realisierte Vierkanal-Videoinstallation "Occupy, Resist, Produce" (2014–18) über organisierte Fabrikbesetzungen in vier europäischen Städten, die darauf abzielen, demokratische und ressourcenschonende Alternativen zu bestehenden Produktionssystemen zu etablieren. Und in der zwölfteiligen fotografischen Arbeit "Reclaiming Abundance"(2021) imaginiert Ressler eine klimaschonende alternative Nutzung von Infrastrukturanlagen in der Steiermark im Jahr 2050, die heute auf fossilen Energieträgern basieren.

Der Titel der Ausstellung "Dog Days Bite Back" ist einer Fotomontage Resslers entlehnt und bezieht sich auf eine Aussage des UNO-Generalsekretärs António Guterres zum Sommer 2023 als heißestem seit Messbeginn im Jahr 1940: "The dog days of summer are not just barking, they are biting“ (Die Hundstage des Sommers bellen nicht nur, sie beißen auch). Die Arbeit ist Teil einer Reihe von Bild-Text-Montagen, die Landschaftsformationen mit klimaaktivistischen Anliegen in der Bildsprache von Protestplakaten verbindet und die bestechende Dringlichkeit der Arbeiten von Oliver Ressler auf den Punkt bringt.

Oliver Ressler
Dog days bite back
Bis 2. Juni 2024