Olaf Nicolai. 7 Postkarten für Innsbruck

Die Galerie im Taxispalais präsentiert die erste österreichische Einzelausstellung von Olaf Nicolai, der zu den wichtigsten deutschen Künstlern seiner Generation zählt. In seinen ebenso sinnlichen wie konzeptuellen Werken setzt sich Nicolai mit Fragen der Wahrnehmung, mit der Konstruktion und Rezeption von Formen-, Bild- und Materialsprachen auseinander. Dabei durchkreuzt er mediale Formate quer zu deren funktionaler Bestimmung und entwickelt vielfältige Bezüge, die konzeptionelle Stringenz und ästhetische Wirkkraft zusammenführen.

Seien es ein Science-Fiction-Roman, ein Musikstück oder Prozesse des Industriehandwerks: Nicolai handelt als Mittler zwischen gegebenem Raum und Ideenformen, um soziales Verhalten an der Schnittstelle zu historischen Umständen zu betrachten. Seine zeit- und ortsspezifischen Projekte entfalten in ihrer unerwarteten Kombinatorik eine Repräsentationskritik, in der dem Ephemeren besondere Aufmerksamkeit zukommt.

Im Zentrum der Ausstellung steht die neue, titelgebende Arbeit "7 Postkarten für Innsbruck", in der bereits die Geschichte des barocken Palais Fugger-Taxis anklingt. Bis ins frühe 20. Jahrhundert befand sich im heutigen Ausstellungsort eine Poststation. Die Übertragung von Nachrichten, die Bedeutung von Zeit dabei, der Moment ihrer Ankunft und Entzifferung – all das sind Elemente, die in der filmisch-skulpturalen Installation ein Echo finden. Auf die Bitte eines Freundes, ihm doch einmal seine Musik zu zeichnen, schickte Iannis Xenakis, der griechisch-französische Architekt und Komponist, eine Postkarte. Ihre Vorderseite zeigte eine kleine Zeichnung, die aussah wie die Luftaufnahme von Steinen in einer Landschaft, auf der Rückseite stand: "Dear Balint, is this what you want? I try to turn out memories so, I think, I become virgin again!"

Ähnlich wie Xenakis in den Lineaturen einer Zeichnung seine Musik zu fassen sucht, verbindet Nicolais Arbeit den Postkartengruß mit der Geologie und der Musik. Über den Zeitraum der Ausstellung werden in regelmäßigen Abständen sieben "sound postcards" nach Innsbruck geschickt. Ihre Absenderin ist eine Sängerin, die sich auf diese Weise von verschiedenen Orten ihrer Reisen meldet. Als Notation für die Lieder dienen ihr sieben Fotos von Steinschnitten, die Nicolai für die Ausstellung gefertigt hat und die in Innsbruck zu sehen sind. Im Verlauf der Ausstellung wird jeder der Songs mit dem entsprechenden Bild in einer 35mm-Filminstallation aufgeführt, sodass die Besucher über die gesamte Dauer der Ausstellung das Entstehen der Arbeit nach- und mitvollziehen können.

Das Speichern von Information und ihre Übertragung, die produzierende Kraft der Interpretation – diese Motive finden sich auch in den anderen Arbeiten Nicolais, die er für die Ausstellung erstmals in einer räumlichen Inszenierung zusammenführt. Mehrere dieser Werke bieten den Besuchern die Möglichkeit, selbst mit einzugreifen und sie in einem von der persönlichen Interpretation geleiteten performativen Akt immer wieder neu entstehen zu lassen. Ganz im Sinne des Postskriptums, das Xenakis seinem Freund auf die Karte schrieb, "I can try again if you don´t like it!"


Olaf Nicolai. 7 Postkarten für Innsbruck
19. März bis 29. Mai 2016