Ohne besondere Schwere der Schuld

18. März 2013 Kurt Bracharz
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Als sich im oberbayerischen Dorf Notzing eine junge Frau von ihrem Verlobten trennte, kündigte dieser ihr an, dass er ihren Vater umbringen werde. Das tat der 22-jährige Mann, der als Heizungstechniker arbeitete, dann auch tatsächlich. Er nahm sich den Tag dafür, den 30. März 2012, bei seinem Arbeitgeber frei, weil er wusste, dass er viel Zeit für die Tat aufbringen musste.

Der Vater seiner Ex-Verlobten, ein 60-jähriger Frührentner, würde sie am Morgen in die Berufsschule fahren und dann in die Wohnung zurückkehren, während die berufstätige Mutter, 54, erst Stunden später heimkommen würde. Der junge Mann tötete den Frührentner laut Urteil "mit fast unvorstellbarer Gewalt" unter Verwendung eines Schürhakens und eines Messers. Dann wartete er auf die Mutter, stach im Hausflur "mehr als 30 Mal auf ihr Gesicht und ihren Kopf ein" und zerrte die Frau in den Partykeller, wo er sie mittels Axt, Schürhaken und einem Wetzstahl abschlachtete.

Er lauerte seiner Ex-Verlobten auf, fesselte und knebelte sie, berichtete ihr seine Tat und forderte sie auf, ihm bei der Beseitigung der mittlerweile verpackten Leichenteile ihrer Eltern zu helfen, was sie schließlich auch tat. (Sie ist deshalb mittlerweile zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.)

Über den Doppelmörder wurde jetzt auch das Urteil gesprochen, nachdem ihn der psychiatrische Sachverständige für persönlichkeitsgestört, aber schuldfähig erklärt hat. Lebenslang! Aber ohne die "Feststellung der besonderen Schwere der Schuld". Diese Einschränkung bedeutet, dass er bei guter Führung und "erfolgreichem Abschluss einer Therapie" nach 14 Jahren aus dem Gefängnis entlassen werden kann.

Als die Richterin die von der Staatsanwaltschaft geforderte Feststellung der besonderen Schwere der Schuld ablehnte, war es ihre erklärte Absicht, dem Mann die Zukunft nicht ganz zu verbauen, sondern ihm eine Chance zur Rückkehr in die Gesellschaft zu ermöglichen. Weitere Gründe waren das Teilgeständnis des Täters und die Tatsache, dass er bei einer Begehung der Tat vier Monate früher von einer dann zuständigen Jugendkammer höchstens zehn Jahre hätte bekommen können.

Einem juristischen Laien mag das alles merkwürdig vorkommen: dass schon ein Teilgeständnis ein Milderungsgrund ist, dass man das erst kurz zurückliegende Überschreiten einer Altersgrenze strafmindernd berücksichtigen kann, und – vor allem – dass sich die Richterin bemüht, einen extrem brutalen Mörder möglichst jung wieder aus dem Gefängnis entlassen zu können (über den "erfolgreichen Abschluss einer Therapie" darf man als Laie durchaus lächeln).

Der als schuldfähig eingeschätzte Mann, der die Eltern seiner Ex-Verlobten, die ihm nichts getan hatten (nur die Mutter hatte sich gegen eine Heirat ausgesprochen), absichtlich, planmäßig und besonders grausam ermordete, kann also mit 36 Jahren wieder frei werden. Ob er im Gefängnis wohl Kraftsport trainieren wird? Oder vielleicht religiös konvertieren?