„An offenen Fenstern deine Stimme“ - Gabriele und Gernot Bösch in der Feldkircher Villa Claudia

Zum Auftakt des Programmjahres 2024 präsentiert die Künstlervereinigung „KunstVorarlberg“ im Forum für aktuelle Kunst in der Feldkircher Villa Claudia einen Werkquerschnitt der Hohenemser Kunstschaffenden Gabriele und Gernot Bösch. Gezeigt werden fragile, ornamentale Zeichnungen und Collagen von Gabriele Bösch sowie Bilder auf Leinwand und Holz von Gernot Bösch.

Der poesievolle Titel der Ausstellung lautet „An offenen Fenstern deine Stimme“. Thematischer Ausgangspunkt dazu ist die Beziehung zwischen zwei Menschen als kleinster Einheit von Gesellschaft. Gabriele und Gernot Bösch, die miteinander verheiratet sind, dazu: „In Beziehung halten wir unsere geistig/seelischen und körperlichen Fenster offen, um die andere Stimme überhaupt zu vernehmen. Mit ‚Stimme‘ ist dabei jeglicher Ausdruck eines Menschen gemeint. Wir fragen uns: Wo bist du, wenn ich hier bin? Wo bin ich, wenn du dort bist? Wo sind wir, wenn wir uns nicht treffen? Wie antworte ich dir auf dein Anderssein? In einer früheren Einladungskarte notierte Gernot Bösch einmal: „Der Aufbau des Lebens ist Geometrie. Der Ausdruck des Lebens ist Komik. Die Ausrichtung des Lebens ist angewandte Erotik.“

Sprache

Das Forum für aktuelle Kunst in Feldkirch verfügt über insgesamt fünf Ausstellungsräume. Jedem Raum haben Gabriele und Gernot Bösch ein konkretes Thema zugeordnet, das sie im Rahmen eines Dialogs entsprechend bespielen. Raum eins ist der Sprache gewidmet. Die beiden präzisieren: „Jeder von uns spricht mehrere Sprachen – auch nonverbale. Und obwohl wir auf das Gleiche schauen, das Gleiche wertschätzen, nehmen wir es doch unterschiedlich wahr und verarbeiten es anders.

Vergänglichkeit und Körperlichkeit

Die Räume zwei und drei sind der „Vergänglichkeit“ und der „Körperlichkeit“ zugeordnet. Hintergrund dazu ist, dass die Dinge altern und, den Gesetzen der Natur folgend, der Zerstörung oder Zersetzung anheim fallen. Beziehungen verändern sich, müssen neu definiert werden. Die beiden Kunstschaffenden fragen sich: „Finden wir im scheinbaren Verlust die Schönheit des Wandels, können wir das ‚Ballett der Vergänglichkeit‘ akzeptieren? Können wir aus Resten Neues kreieren und so eine Art ‚Evolution‘ gelassen zulassen?“

Zuneigung und Fülle

Um die Stimme des anderen zu hören, ihn zu sehen und seine Gestik zu verstehen, muß man die eigenen Fenster offenhalten, proklamieren Gabriele und Gernot Bösch. „Obwohl der Grad der Zuneigung (Raum vier) der Partner in einer Beziehung der gleiche sein mag, kann er scheinbar ungleich sein; er muss in seiner Art jeweils vom anderen erkannt und dann geachtet werden,“ so das kongeniale Künstlerpaar.

Funktioniert alles gut, so kann „Fülle“ geerntet werden, wie Raum 5 „Ursprung der Fülle“, „Cashew“ oder die „Liebenden“ belegen. Im Nebeneinander von Gegensätzlichem entsteht ein fortlaufender Dialog.

Gabriele Bösch ist eigentlich mit stimmungsvollen, fast lyrisch anmutenden Romanen wie „Der geometrische Himmel“ oder „Schattenfuge“ bekannt geworden. Seit 2015 arbeitet die 1964 in Dornbirn geborene Autorin auch daran, die Welt auch zeichnerisch zu erfassen und auf ihre unverkennbare Art auszulegen. Anhand filigraner, mit Spitzfeder aufs Blatt gesetzten Zeichnungen arbeitet sie seither an einer „Verlangsamung des Blicks“ und deshalb an einer Verlangsamung der Welt. Mit Hilfe von Eisengallus- oder Nussbaumtinte übersetzt sie Mikrostrukturen der Natur in abstrahierte Zeichen und wiederholt diese auf haptischem Papier zu poetischen, ornamental anmutenden Bildsystemen, die sie selbst als eine Art Palimpseste auf ihre Texte versteht.
Sie zeigt in der Villa Claudia auch eine Serie kleiner Collagen (9x9 cm), die aus den Resten von Bildern entstanden sind, die im Zuge eines Wasserrohrbruchs zerstört wurden. Es sind kleine grafische Landschaften, die aus der Zerstörung heraus gebaut wurden.

Gernot Bösch, geboren 1962 in Hohenems, kommt eigentlich von der Architektur her. In diesem Fach war er eine Zeit lang tätig, bevor er sich entschloss, in den Sozialbereich zu wechseln und sich parallel dazu auch intensiv mit der bildenden Kunst auseinanderzusetzen. Stand bei ihm lange Zeit die Skulptur im Vordergrund, so setzte sich Gernot Bösch in den letzten Jahren verstärkt auch mit der Malerei auseinander, spätestens seit seiner Ausstellung in der Feldkircher Wexelstube 2017 steht beides gleichwertig nebeneinander. Die Grundideen für seine Bilder und Skulpturen entwickelt der Künstler zeichnerisch mit der Hand und bearbeitet sie am Computer. Ausgangspunkt dafür sind zumeist platonische Körper, die eigene Gesetzmäßigkeiten haben, wie etwa Tetraeder und Hexaeder, aus denen er beispielsweise am Aufbau von Pflanzenblüten orientierte Werke ableitet.

Gabriele Bösch/ Gernot Bösch: „an offenen fenstern deine stimme“
Villa Claudia, Kunst.Vorarlberg, Feldkirch
19.1.-11.2.2024
Eröffnung: 18.1., 19.00 Uhr
Fr 16-18, Sa 15-18, So 10-12 u. 15-18