Nonnen und Mönche

Anknüpfend an die Serie "Zeige mir einen Helden … und ich zeige Dir eine Tragödie", mit der Flatz Anfang der 1990er Jahre anhand von "Ikonen" des kollektiven Bildgedächtnisses von Robespierre bis James Dean den Heldenbegriff einer kritischen Hinterfragung unterzog, lenkt die Schau "Nonnen und Mönche" die vom 13. Juli bis 13. Oktober 2012 im Raum, in dem die ältere Arbeit sonst zu sehen ist, die Aufmerksamkeit auf Nonnen und Mönche von Roland Fischer. Also auf jene zumeist Unbekannten, die ihr Leben in selbst gewählter Abgeschiedenheit ausschließlich ihrem Glauben widmen und höchstens im Falle eines – heroischen – Martyriums oder einer Wundertätigkeit aus der Anonymität ihres Daseins hinaustreten.

Roland Fischer zählt zu den wichtigsten deutschen Fotografen der Gegenwart. Er arbeitete Mitte der 1980er Jahre an der Serie "Nonnen und Mönche". Seine einfühlsamen Porträts sind großformatige Bilder, die der Fotograf vor allem in französischen Klöstern aufnahm. Elf von ihnen rahmen die Installation in der Mitte des Ausstellungsraums. Ebenso wie Flatz katalysiert der 1958 in Saarbrücken geborene Künstler die Spannung aus Individualität, Einzigartigkeit, Subjektivität und selbst gewählter Anonymität und Namenlosigkeit. Die Antlitze der abgelichteten Personen stehen in Widerspruch zur gleichmachenden Ordenstracht. Sie offenbaren Charaktere, in die man sich durchaus einzufühlen vermag, die aber aufgrund ihrer versachlichten Darstellung lediglich als Spiegel der Betrachterprojektionen dienen können. Sind es in den Werken von Fischer erkenn- und identifizierbare Personen, widmet sich Flatz" Arbeit "Unknown Heroes" den letzten Spuren derselben. Auf kuriose Weise erwarb der 1952 in Dornbirn geborene Künstler die Grabkreuze von Mönchen aus dem ehemaligen Kapuzinerkloster in Bregenz. Er arrangiert diese Kruzifixe, auf denen die Eigennamen der Bestatteten nicht zu lesen sind, auf einer moosigen Fläche inmitten des Ausstellungsraums. Rund 100 Jahre – von 1895 bis 1994 – überspannen die Todesdaten, doch jene schmiedeeisernen Gedächtnisträger sind sich gleich, abgesehen von zwei Kreuzen, in denen Christi Haupt spiegelverkehrt nach links schaut. Flatz" Installation ist ein Kollektivporträt. Biografien, die Individuen selbst, bleiben verborgen, ganz zu schweigen von ihren Taten. Diese Relikte eines mittlerweile beseitigten Totenhofes erzählen die vielfach gebrochene Geschichte ausgelöschter Identität. Im Dialog beider Werkkomplexe stellt sich die Frage nach Heldentum und dem Helden als durchaus hinterfragenswertem Ehrentitel auf neue Art und Weise. Zugleich aktualisiert die Doppelausstellung Roland Fischer - "Nonnen und Mönche" Flatz - "Unknown Heroes" durch die Widersprüche aus Absenz und Anwesenheit, Tod und Leben, Individualität und Anonymität die kunsthistorisch bedeutsame Gattung des Porträts.
Roland Fischer - Nonnen und Mönche Flatz - Unknown Heroes 13. Juli bis 13. Oktober 2012