Noah, Moses und die israelitischen Könige - Das Alte Testament im Film

21. April 2014 Walter Gasperi
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Wurden Bibelfilme in den letzten Jahrzehnten vorwiegend fürs Fernsehen produziert, so scheinen sie nun, beginnend mit Darren Aronofskys "Noah", wieder die große Kinoleinwand zu erobern. An Weihnachten soll Ridley Scotts "Moses"-Film "Exodus" folgen und Will Smith bereitet seine Version der Geschichte von "Abel und Kain" vor.

Nicht nur mit dem Leben von Jesus beschäftigten sich Filmemacher seit der Stummfilmzeit, auch die bildmächtigen und actionreichen Geschichten des Alten Testaments wurden immer wieder für die Leinwand adaptiert. Erste Blütezeit dieses Subgenres des Monumentalfilms waren die 1920er Jahre, in denen man nicht nur in den USA, sondern auch in den neu gegründeten Wiener Rosenhügel-Filmstudios beeinflusst von Griffiths "Intolerance" spektakuläre Filme mit biblischen Themen produzierte. Eine zweite Blüte erfolgte dann in den USA in den 1950er Jahren, als man mit den Schauwerten aufwändiger Breitwandepen dem aufkommenden Fernsehen Paroli bieten wollte. Nach dem Flop von John Hustons "La Bibbia" (1966) verschwand der Bibelfilm aber aus dem Kino.

Hustons Film stellt unter den fürs Kino gedrehten Bibelfilmen insoweit eine Besonderheit dar, als dass sich "La Bibbia" nicht auf eine Episode des Alten Testaments konzentriert, sondern die ersten 22 Kapitel von der Schöpfung der Welt bis zur Opferung Isaaks durch Abraham erzählt. Geplant war auch in Fortsetzungen die weiteren Abschnitte des Alten Testaments auf die Leinwand zu bringen. Dazu kam es aber nie, sodass dieses monumentale Unterfangen dem Fernsehen vorbehalten blieb, wie der 13-teiligen Serie "Die Bibel" der Kirch-Media-Gruppe.

Bei Kinofilmen konzentrierte man sich dagegen immer auf einzelne Kapitel, wobei verständlicherweise allgemein bekannte und spektakuläre immer wieder verfilmt wurden, andere wie die Geschichten von Abraham, Jakob oder Josef dagegen kaum Berücksichtigung fanden. Die Grundlage wurde hier in den 1920er Jahren mit den in Wien entstandenen "Samson und Delila" (Alexander Korda, 1922), "Sodom und Gomorrha" (Michael Curtiz, 1922), "Die Sklavenkönigin" (Michael Curtiz, 1924) sowie den amerikanischen Produktionen "The Ten Commandments" (Cecil B. DeMille, 1923) und "Noah´s Ark" (Michael Curtiz, 1928) gelegt.

Auffallend ist, dass man bei diesen Stummfilmen oft nicht auf die biblische Geschichte vertraute, sondern sie – in der Nachfolge von Griffiths "Intolerance" – mit einer in der Gegenwart spielenden Handlung verknüpfte. So bettet Alexander Korda in "Samson und Delila" die biblische Geschichte in die Geschichte einer Opernsängerin ein, die gerade an der Mailänder Oper die weibliche Titelrolle in Camille Saint-Saëns gleichamiger Oper spielt.

Während Michael Curtiz in "Die Sklavenkönigin" sich ganz auf die Geschichte vom Auszug der Israeliten aus Ägypten konzentrierte, kontrastierte Cecil B. DeMille im parallel entstandenen "The Ten Commandments" das biblische Geschehen mit einer Gegenwartshandlung. Auf einen ersten Teil, in dem – wie in "Die Sklavenkönigin" - in aufwändigen Massenszenen von der Teilung des Roten Meers, dem Erhalt der zehn Gebote und dem Tanz ums Goldene Kalb erzählt wird, folgt ein zweiter Teil. In dieser Gegenwartshandlung thematisiert DeMille am Beispiel der Geschichte von zwei Brüdern, von denen der eine der Mutter gehorcht und Zimmermann wird, der andere ein zunächst erfolgreicher Bauunternehmer wird, den Gegensatz von alttestamentarisch richterlichem Gott und dem vergebenden Gott des Neuen Testaments.

In "Sodom und Gomorrha" (1922), der als die teuerste und größte Produktion der österreichischen Filmgeschichte gilt, verbindet aber auch Curtiz biblisches Geschehen und Gegenwart. Hier fungiert der Untergang von Sodom und Gomorrha, von dem eine junge Frau träumt, die das Luxusleben liebt, als Warnung an die das ausgelassene Leben genießende kapitalistische Gesellschaft der 1920er Jahre. Mit einer ähnlichen Erzählstrategie arbeitete Curtiz nach seiner Emigration in die USA auch in "Noah´s Ark" (1928), in dem das Blutvergießen im Ersten Weltkrieg bei einem Protagonisten die Erinnerung an die Sintflut auslöst.

Mit der Weltwirtschaftskrise brach diese Blüte der Bibelfilme abrupt ab und erst die 1950er Jahre brachten ein Revival. Weitgehend die gleichen biblischen Geschichten wie in den 1920er Jahren wurden verfilmt, doch jetzt verzichtete man auf Gegenwartshandlungen. Mit großem Aufwand brachte DeMille nun in Farbe und Breitwand nochmals "Samson and Delilah" (1949) auf die Leinwand und ließ sieben Jahre später in "The Ten Commandments" (1956) Charlton Heston als Moses das Rote Meer teilen.

Das Verlangen nach spektakulären Schlachten und exotischen Liebesgeschichten bedienten Henry King mit "David and Bathsheba" (1951) und King Vidor mit "Solomon and Sheba" (1959), während Robert Aldrich sich nochmals "Sodom und Gomorrha" (Co-Regie: Sergio Leone, 1962) widmete. Neben den amerikanischen Großproduktionen entstanden in dieser Zeit auch in Italien billigere Sandalenfilme mit biblischen Themen.

Verschwanden diese opulenten Bibelfilme mit dem Flop von "La Bibbia" (1966), von Ausnahmen wie Bruce Beresfords "King David" (1984) abgesehen, aus dem Kino, so entstanden speziell in Deutschland in den 1970er Jahren mit Werner Schroeters "Salome" (nach Oscar Wildes Tragödie) und Jean-Marie Straubs und Danièle Huillets Verfilmung von Arnold Schönbergs Oper "Moses und Aaron" höchst eigenwillige und anspruchsvolle Bearbeitungen biblischer Stoffe.

Als Gegenpol dazu kann man den DreamWorks Animationsfilm "The Prince of Egypt" (1998), in dem wieder einmal die Lebensgeschichte von Moses nacherzählt wird und dem weitere Animationsfilme mit biblischen Themen folgten, ansehen. Wie man auch komödiantisch mit einem biblischen Stoff umgehen kann, zeigte schließlich 1980 Gary Weis mit seiner sich an den Filmen der Monty Pythons und von Mel Brooks orientierenden Parodie "Oh Moses" (1980).

Filmisch ausgeschöpft ist die Bibel, wie auch Darren Aronofskys "Noah" beweist noch lange nicht und man darf gespannt sein, was Ridley Scott in "Exodus" und Will Smith in "The Redemption of Cain" aus dem alten Stoff machen. Zu hoffen bleibt, dass sie sich nicht auf Effekte und Spektakel verlassen, sondern auch einen aufregenden Zugang zum Inhalt ihrer Geschichten finden.

Trailer zu "The Ten Commandents" (1956)