Napoleon und Europa. Traum und Trauma

Wie keine andere Persönlichkeit seit Karl dem Großen prägte Napoleon Bonaparte (1769–1821) zu Beginn des 19. Jahrhunderts in nur knapp 20 Jahren nachhaltig das politische Gesicht Europas – im Positiven wie im Negativen. Erstmals werden im Rahmen der Ausstellung in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn die unterschiedlichen Auswirkungen der napoleonischen Machtpolitik und ihrer Rezeptionslinien in ganz Europa beleuchtet. Abseits der Klischees vom Kriegstreiber oder vom übergroßen Staatsmann setzt sich die Ausstellung zum Ziel, ein differenziertes Panorama der napoleonischen Ära zwischen Krieg, Politik, Verwaltung, Kunstraub und Kulturblüte darzustellen.

Im November 1799 gelang es Napoleon Bonaparte, dem ruhmreichen General der Revolutionsarmee, durch einen Staatsstreich die Alleinherrschaft in Frankreich zu übernehmen. Bereits 1794 wurde Bonn im Zuge der Revolutionswirren von französischen Truppen besetzt, 1801 vollzog sich die Eingliederung in das napoleonische Frankreich. Auf einer Reise im Herbst 1804 kam es schließlich zu einem ersten Besuch des Kaiserpaares. Napoleon I. und Joséphine logierten bei Anton Maria Karl Graf von Belderbusch, für dessen neugeborene Tochter die künftige Gemahlin des Kaisers als Patin und Namensgeberin fungierte. Bei dieser Gelegenheit ernannte Napoleon den Grafen zum neuen "Maire" von Bonn. Dieses Amt bekleidete Belderbusch bis 1814, weitere zwei Jahre war er Bürgermeister von Bonn.

Der Grund für den Besuch Napoleons bestand darin, die Mauern und Tore der Stadt daraufhin zu überprüfen, ob sie sich für den Ausbau zu einer neuen Festung eigneten. Nach einem Erkundungsritt zum Kreuzberg kehrte Napoleon in schnellem Trab in die Stadt zurück, wobei sein Schimmel auf dem Kopfsteinpflaster der steil zum Rhein abfallenden Vogtsgasse strauchelte und der Kaiser vornüber stürzte. Lediglich das schnelle Eingreifen eines Generals verhinderte eine Katastrophe. Kaum wieder im Sattel, wandte sich Napoleon mit der Frage "Kann Bonn Festung werden?" an seinen Retter. Der General kannte den Aberglauben des Korsen und antwortete: "Nein, Sire, es scheint nicht ratsam." Napoleon teilte diese Ansicht und entschied sich damit – zur Erleichterung der Bürger – gegen den Ausbau Bonns.

Trotz dieses Ereignisses residierte Napoleon am 16./17. September 1811 noch einmal in Bonn und nahm auf der Poppelsdorfer Allee eine Truppenparade ab. Die schlechten Erfahrungen, die er in den Jahren zuvor erlebt hatte, schienen jedoch noch gegenwärtig zu sein, denn statt in der Stadt selbst zu übernachten, begab er sich unmittelbar nach der Parade nach Schloss Auel bei Lohmar.

Besondere Schwerpunkte der Ausstellung – und bisher nicht gezeigt – sind Themenbereiche zur Verwundung der Soldaten, deren Kriegsversehrungen zu Neuerungen in der Medizin führten sowie zur napoleonischen Kulturpolitik, die Kunst in bisher nicht gekannter Weise als Propagandainstrument nutzte. Mit der Ausstellung soll ein wichtiger Beitrag zur Verflechtungs- und Erinnerungsgeschichte Europas geliefert werden. Illustriert werden die Ausstellungsthemen sowohl anhand von bedeutenden, bekannten Gemälden, Skulpturen, Büchern u.v.m. als auch anhand von bisher wenig bekannten Exponaten.

Napoleon und Europa. Traum und Trauma
17. Dezember 2010 bis 25. April 2011