Mobilisierung der Träume - Dreams Rewired

1. März 2018 Walter Gasperi
Bildteil

Mit der Erfindung des Telefons begann vor rund 140 Jahren die elektronische Vernetzung der Menschen. Kontinuierlich verstärkte sich diese in der Folge durch weitere Kommunikationsmedien. Manu Luksch, Martin Reinhart und Thomas Tode zeichnen mit einer stupenden Fülle an historischen Filmausschnitten diese historische Entwicklung nach und spüren dabei vor allem den Hoffnungen und Sehnsüchten, aber auch den Ängsten der Menschen nach. Bei absolut Medien ist der poetische Essayfilm auf DVD erschienen.

Ein Kameraschwenk über Menschenmassen steht am Beginn und aus dem Off reflektiert eine weibliche Stimme (in der deutschen Fassung Dörte Lyssewski, in der englischen Tilda Swinton) über die Verdichtung der Welt und leitet mit dem Satz "Alles ist verbunden" diese Reise durch die Geschichte der modernen Kommunikationsmedien ein.

Nicht um Jahreszahlen und Fakten geht es dabei aber, sondern in furioser Montage von Ausschnitten aus über 200 Spielfilmen, Wochenschauen, wissenschaftlichen und ästhetischen Experimenten wird ein Bogen von der Erfindung des Telefons über das Grammophon und den Film bis zum Fernsehen und dem Computer geschlagen. Wie diese Medien auf Vernetzung abzielen, arbeitet der Film selbst auch mit dieser Vernetzung, lässt ein Thema ins andere gleiten und spricht immer unterschiedlichste Aspekte der technologischen Revolutionen und ihre Folgen an.

Immer wieder thematisiert die Sprecherin dabei im Voice-over Hoffnungen, die mit den neuen Medien verbunden waren, ebenso wie die Gefahren der Überwachung, die sie mit sich brachten, und macht deutlich, dass der Traum von einer großen Friedenszeit durch bessere Kenntnis fremder Kulturen sich nicht erfüllte.

Die legendären Pioniere des Films wie die Brüder Lumière und Georges Méliès werden mit keinem Wort erwähnt, auf Ausschnitte aus Filmen der Lümières wurde ganz verzichtet, vertreten sind aber beispielsweise Méliès, Griffith, Harold Lloyd, Dziga Vertov, Rene Clair, Hans Richter und Thomas Edison.

Vor allem richten Luksch/Reinhart/Tode den Blick auf weniger bekannte Filmpioniere wie die Französin Alice Guy und den Bankier Albert Kahn. Während Guy als erste Regisseurin der Filmgeschichte für Gaumont über 100 Filme drehte und wesentlich zum Aufstieg des Konzerns beitrug, ließ Kahn im Glauben durch Reisefilme das Verständnis unter den Völkern zu stärken seine Kameraleute an allen abgelegenen Ecken der Welt drehen.

Die Vermarktung der Erfindungen wird ebenso angesprochen wie deren Einsatz zur Ankurbelung des Konsums. Eisensteins "Panzerkreuzer Potemkin" wird ausführlich als "Botschafter der Revolution" präsentiert und Edmund Meisels Musik zu diesem Meilenstein der Filmgeschichte als Vorreiter des modernen Soundtrack gewürdigt. Am Untergang der Titanic wird aufgezeigt, wie diese Katastrophe zur staatlichen Kontrolle des Funkverkehrs und dem Verbot von Amateursendern führte.

Der Schotte John Logie Baird wird als Pionier des Fernsehens ins Licht gerückt und ausführlich wird an die mediale Inszenierung der Olympischen Spiele 1936 in Berlin erinnert, die als Bewahrungsprobe für die neue Technologie galten. Immer wieder wird das Wechselspiel von Vernetzung und Überwachung angesprochen und offen bleibt die Antwort auf die Frage, was der ganze Fortschritt dem Menschen letztlich brachte.

An Sprachversionen bietet die bei absolut Medien erschienene DVD die deutsche, englische und französische Fassung sowie Untertitel unter anderem in Italienisch, Spanisch und Russisch. Die Extras umfassen neben für den Film nicht verwendeten animierten Szenen von Hanna Nordholt und Fritz Steingrobe ein über 50-seitiges deutsch-englisches pdf, das unter anderem einen Kommentar der Regisseure, den Text zum Voice-over-Kommentar, eine Liste der verwendeten Filme, ein Interview mit der Regisseurin Manu Luksch und einen Kommentar von Siegfried Friedrich zur Filmmusik enthält.

Trailer zu "Mobilisierung der Träume - Dreams Rewired"