Making Africa. A Continent of Contemporary Design

In einer großen Ausstellung rückt das Vitra Design Museum ab März 2015 das zeitgenössische afrikanische Design in ein neues Licht. "Making Africa – A Continent of Contemporary Design" zeigt anhand der Arbeiten von über 120 Künstlern und Designern, wie Design die wirtschaftlichen und politischen Veränderungen des Kontinents begleitet und fördert. Sie präsentiert Afrika als Experimentierfeld, von dem aus neue Ansätze und Lösungen in die Welt gehen – und als Triebfeder für eine neue Diskussion, was Design im 21. Jahrhundert leisten kann.

Wenn die Medien vom "afrikanischen Aufschwung" berichten, geht es häufig um rapides Wirtschaftswachstum oder um eine rasant expandierende Mittelschicht – Phänomene die innerhalb der nächsten Jahrzehnte einen tiefgreifenden Wandel auf dem Kontinent erzeugen werden. Eine andere Entwicklung hat jedoch bereits jetzt das Alltagsleben aller Afrikaner grundlegend verändert und prägt auch die Arbeit von Designern und Künstlern: Heute gibt es 650 Millionen registrierten Mobiltelefone in Afrika, mehr als in Europa oder in den USA. Viele dieser Geräte haben Internetzugang und schaffen so eine Plattform für Kommunikation und Informationsaustausch. Dieses Tor zur Welt hat den Perspektivwechsel ermöglicht, der im Zentrum der Ausstellung "Making Africa – A Continent of Contemporary Design" steht.

Die Ausstellung richtet ihr Augenmerk folglich auf eine neue Generation von afrikanischen Unternehmern, Denkern und Gestaltern. Als "digital natives" sprechen sie ein globales Publikum an und legen dem Rest der Welt eine neue Sicht auf Afrika nahe. Sie arbeiten häufig in mehreren Disziplinen gleichzeitig und brechen mit althergebrachten – oft von westlichen Sichtweisen geprägten – Definitionen von Design, Kunst, Fotografie, Architektur oder Film. "Making Africa" präsentiert eine Vielfalt an Arbeiten in den unterschiedlichsten Medien, etwa die Brillenskulpturen des kenianischen Künstlers Cyrus Kabiru, die Möbel des malischen Designers Cheick Diallo und die Fotografien von Mário Macilau aus Mosambik und J. D"Okhai Ojeikere aus Nigeria. Sie zeigt die Architektur von Francis Kéré, David Adjaye und Kunlé Adeyemi, die markanten Stadtmodelle aus Pappe von Bodys Isek Kingelez, oder die animierten Kurzfilme des in Berlin lebenden Südafrikaners Robin Rhode.

Was all diese Werke verbindet ist die Tatsache, dass sie Fragen der materiellen Kultur und Alltagsästhetik – kurzum: des Designs – thematisieren. Sie zeigen, dass Design in Afrika viel umfassender verstanden wird als in westlichen Kulturkreisen – und wie gerade dieses Verständnis zukunftsweisende Gestaltungsansätze hervorbringt. Ein kulturhistorisches Fundament erhält die Ausstellung durch zahlreiche Rückblenden auf das frühe postkoloniale Afrika, denn schon in den 1960ern zeigten Fotografen wie Seydou Keïta und Malick Sidibé oder das südafrikanische Magazin "Drum" einen Kontinent jenseits von Kriegen, Krisen und Katastrophen. Auch die Architektur, die in vielen Ländern innerhalb der ersten Jahre der Unabhängigkeit entstand, symbolisierte jenen Aufbruch und ein Selbstbewusstsein, das in den folgenden Jahrzehnten verloren ging.

Historische Dokumente aus dieser Ära durchziehen die gesamte Ausstellung und werden den zeitgenössischen Werken gegenübergestellt. Dabei wird deutlich, dass die heutige Generation oft ganz bewusst an das Schaffen einer Ära anknüpft, deren Aufbruchsstimmung mit der der heutigen Zeit vergleichbar ist. Ein besonderes Merkmal der Ausstellung ist ihr Entstehungsprozess. In der zweijährigen Recherchephase wurden zahlreiche Think Tanks und Interviews in afrikanischen Metropolen wie Lagos, Dakar, Kapstadt, Kairo und Nairobi abgehalten, in denen etwa 70 Designer, Künstler, Wissenschaftler, Architekten, Galeristen und Kuratoren konsultiert wurden. Auf diese Weise wurde eine bislang einzigartige Menge an Quellenmaterial zu Design in Afrika zusammengetragen, das die Ausstellung und den begleitenden Katalog in Form von Interviews und Texten bereichert.


"Making Africa" wird begleitet von einer umfangreichen, 352-seitigen Publikation, die erstmals einen umfassenden Überblick über das Design der Gegenwart auf dem afrikanischen Kontinent bietet. Darin nimmt Okwui Enwezor mit einem Glossar eine Neudefinition althergebrachter Designbegriffe vor, Koyo Kouoh untersucht das Thema des Social Design, weitere Beiträge sind ein Interview mit dem renommierten Stadtforscher Edgar Pieterse, Mitbegründer das African Center for Cities in Kapstadt, sowie ein Interview zur Objekt- und Materialkultur Afrikas mit Mugendi M’Rithaa, Designprofessor an der Cape Peninsula University of Technology. Ein zweiter Teil präsentiert alle in der Ausstellung gezeigten Werke in einem ausführlichen Objektverzeichnis und fasst viele der für die Ausstellung geführten Interviews zusammen.

Making Africa. A Continent of Contemporary Design
14. März bis 13. September 2015