Mailänder Sonaten?

18. Mai 2011 Rosemarie Schmitt
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Clara Schumann war nicht die Frau von, jedoch die für Johannes Brahms; wäre sie nicht mit Robert Schumann verheiratet gewesen... Möglicherweise machte jedoch aber auch diese Distanz des mit einem anderen Verheiratetsein, erst die Nähe zu dem still liebenden Brahms möglich. Und daß es nicht gar so still bliebe, vertonte er dieses Still-Leben, denn schließlich war er ja Komponist und viele seiner Kompositionen entstanden für oder wegen Clara Schumann.

Einst war Clara aufgrund des Todes zweier ihrer Kinder und der Tuberkulose-Diagnose ihres Sohnes Felix sehr sehr traurig. Um ihr Trost zu spenden, komponierte Brahms für "seine" Clara, passend zu deren Niedergeschlagenheit, ein Lied vom Niederschlag, das melancholische "Regenlied". Daß dieses Lied Clara zu trösten vermochte, ist mir sowohl nicht bekannt als auch ein Rätsel. Obschon Mitleiden durchaus als geeignetes Mittel gegen Melancholie und Trauer eingesetzt werden kann.

So ist es zwar nicht typisch für einen Mann, der viel eher nach aufmunternden Lösungen sucht (etwa im Sinne "Schatz, jetzt sei doch nicht so traurig, wir haben ja noch 6 Kinder"), als vielmehr typisch für eine beste Freundin, die in der Lage ist, tagelang den Schmerz der Freundin zu teilen, um ihn so gar noch zu verdoppeln. Brahms war also demnach also so etwas wie die beste Freundin Claras, und diese Komposition sicherlich ein Zeichen seines Verständnisses und Mitgefühls.

Er war halt ein ganz Lieber, der Johannes Brahms. In seiner Violinsonate Nr.1 in G-Dur werden Sie das "Regenlied" wiederfinden, denn da dieses Clara Tag und Nacht nicht mehr aus dem Sinne ging (so schrieb sie ihm), machte Brahms dieses Regenliedthema zum Dreh- und Angelpunkt seiner ersten Sonate für Violine und Klavier. Statt voller Geigen hing im Himmel für ihn ein Klavier (vermutlich spielte es Clara), und er fügte eine Geige hinzu.

Johannes Brahms schuf insgesamt "nur" 3 Violinsonaten. Mit der Komposition seiner 1. Violinsonate begann er im Mai des Jahres 1878. In jenem Jahr ließ er sich übrigens seinen üppigen Vollbart wachsen (wahrscheinlich, damit wir ihn später leichter wiedererkennen). Im Mai des darauffolgenden Jahres war das Werk beendet (die Violinsonate! Der Bart war früher fertig). Mit der Arbeit an der 2. Sonate für Violine und Klavier begann er 6 Jahre später (1886) wiederum im Mai, und die 3. Sonate in d-moll beendete Brahms 1888. Wann? Im Mai selbstverständlich. So könnte man die 3 Violinsonaten Brahms" durchaus auch die "Mailänder Sonaten" nennen.

Nicht etwa im Mai, sondern bereits im März erschien bei dem Sony-Label "RCA Red Seal" eine Aufnahme der 3 Sonaten für Violine und Klavier von Johannes Brahms. Lassen Sie sich von dem Geiger Ilya Grubert und der Pianistin Alena Cherny in eine musikalische Welt des Johannes Brahms entführen und sich von Robert Nemecek erzählen (im sehr informativen Begleitheft der CD), wie und weshalb es zu diesem oder jenem kam, oder eben nicht.

Außerdem unbedingt zu erwähnen sei, daß im Begleitheft ebenfalls der Text des "Regenliedes" (Walle, Regen, walle nieder...) von Johannes (Brahms) für Clara (Schumann) zu finden ist. Und dies inklusive der englischen Übersetzung (Pour, rain, pour down...), sollte der deutsche Text Ihnen vielleicht doch allzu traurig sein. Ein nettes, aufmerksames und liebevolles Detail, wie ich finde.

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt