Louise Bourgeois in Jena

13. November 2010
04.09.2010 bis  21.11.2010
Bildteil

Es gibt nur wenige Künstler, die es bis zu den Gipfeln internationalen Ruhms schaffen: Louise Bourgeois hat dies geschafft – und war dort allein unter Männern. Als sie mit ihrer Retrospektive im MOMA 1982 den internationalen Durchbruch erzielte, war sie bereits 70 und schuf danach ein Werk, dass weit über die üblichen Kategorien eines Alterswerkes hinausreichte und nachfolgende Generationen inspirierte.

Die amerikanisch-französische Künstlerin Louise Bourgeois wird 1911 in Paris geboren und wächst in Choisy-le-Roi (später in Antony) bei Paris auf, wo ihre Familie eine Galerie und eine Werkstatt für historische Textilien betreibt. Sie studiert zunächst Mathematik an der Sorbonne und besucht von 1933 bis 1938 verschiedene private Kunstschulen in Paris und ist Schülerin von Emile Othon Friesz, André Lhote und Fernand Leger. Später schreibt sie über diese Zeit: "Ich zog von Atelier zu Atelier. Ich wollte Kunst studieren, aber ich wollte nicht in die staatlichen Schulen ... ich besuchte jedes mit dem eisernen Willen, das zu lernen, was ich noch nicht konnte."

1938 heiratet sie den amerikanischen Kunsthistoriker Robert Goldwater und geht mit ihm nach New York. Dort studiert Louise Bourgeois an der Art Students League bei Vaclav Vytlacil. In kurzer Folge vergrößert sich die Familie um drei Söhne. Bourgeois pflegt freundschaftliche Kontakte zu André Breton, Max Ernst, Le Corbusier, John Cage, Mark Rothko, Piet Mondrian und vielen anderen berühmten Künstlern des 20. Jahrhunderts.

In den 1960er Jahren entstehen organische Plastiken aus Gips oder Gummi, ab 1967 arbeitet Louise Bourgeois auch mit Marmor. 1973 stirbt ihr Mann. Im Jahr darauf vollendet Bourgeois die Arbeit "The Destruction of the Father", in der sie ihre Angst, Macht und Ohnmacht in der Beziehung zu ihrem Vater thematisiert. 1982 zeigt das Museum of Modern Art in New York eine Retrospektive ihrer Werke, die danach auch in Houston, Chicago und Ohio zu sehen ist. Es ist die erste Retrospektive, die das MOMA einer Frau widmet. Zugleich markiert die Ausstellung nicht nur ihr siebzigstes Lebensjahr, sondern auch ihren endgültigen internationalen Durchbruch. Ihre Arbeiten finden Eingang in viele Sammlungen und werden von jüngeren Künstlerkollegen geschätzt und beachtet.

Louise Bourgeois zählt heute, wenige Monate nach ihrem Tod am 31. Mai 2010, zu den bedeutendsten Künstlerinnen an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert. Trotz ihres hohen Alters arbeitete sie an einem einzigartigen Werk, das vor allem aus figürlichen Plastiken, raumgreifenden Installationen und Zeichnungen besteht und von hoher stilistischer Originalität ist. Sie war eine der ersten Künstlerinnen, die ihre Werke installativ im Raum anordnete und deren Wirkung im Zusammenhang mit diesen Räumen begriff. 1945 hatte sie ihre erste Ausstellung in New York, 1949 und 1950 zeigte sie in der Peridot Gallery lebensgroße Skulpturen, die "Personnages", die aus geschnitztem und bemaltem Holz gefertigt und in einer durchdachten Inszenierung angeordnet waren.

Diese stelenartigen Objekte, die sie später in Bronze abgießen lässt, gleichen abstrakten Totem-Figuren und symbolisieren "Menschen, mit denen ich mich damals auseinandersetzte. Aber es handelte sich nicht nur um einzelne Personen, es handelte sich um die Beziehung zwischen den Menschen." Ausgehend von archaischen und surrealistischen Anleihen, findet Bourgeois schnell zu einer bildnerischen Form, die geometrische Abstraktion mit organischen Elementen verknüpft und die von der eigenen Biografie hintergründig durchdrungen ist. Die" Personnages", die im Zentrum der Ausstellung stehen, sind ein erster Höhepunkt in ihrem an Wandlungen und Anverwandlungen reichen Werk, auf den sie, mit anderer Akzentuierung, im späteren Werk wieder zurückkommt.

"Pensées plumes" nennt Louise Bourgeois ihre Zeichnungen: Es sind federleichte Gedanken oder Einfälle, die sie mit Feder, Stift oder Pinsel zu Papier bringt. Sie pendeln zwischen Symbolik, Abstraktion und Stilisierung – und verweisen in besonderer Weise auf die kreative Energie der Künstlerin. In den Zeichnungen sind viele Ideen vorbereitet, die sich später in den Skulpturen nachweisen lassen. Vor allem jedoch, sind es Erweise einer fein gestimmten Erlebnisfähigkeit, inspiriert und inspirierend zugleich und sublim noch im Direkten.

Ausgestellt sind 114 Werke von Louise Bourgeois. Alle Arbeiten sind Leihgaben aus privaten Sammlungen. Es ist die erste Ausstellung nach dem Tod der Künstlerin.

Louise Bourgeois - Skulpturen, Zeichnungen und Druckgrafik
4. September bis 21. November 2010

Städtische Museen Jena, Kunstsammlung

Markt 7, D-07743 Jena
T 0049 (0)3641 4982-65
F 0049 (0)3641 4982-55

Öffnungszeiten:

Di, Mi, Fr 10 - 17 Uhr
Donnerstag 14 - 22 Uhr
Sa und So 11 - 18 Uhr
Montag geschlossen