Kunstschaffende in der italienischen Schweiz

Unzählige Geschichten ranken sich um die Kulturlandschaft Tessin. Mit romantischen Vorstellungen über die Schönheit der Natur, dem mediterranen Klima und seiner "Italianità" zieht der Kanton seit Jahrhunderten nicht nur Reisende, sondern auch immer wieder Kunstschaffende in seinen Bann.

Stetig fliesst ein reichhaltiges und diverses Spektrum an künstlerischen Positionen durch die Kulturlandschaft des Tessins und zeichnet sie. Diese Vielfalt geht nicht zuletzt auch auf die einzigartige geografische Situation der Region zurück. Durch die Lage komplett südlich der Alpen bildet sich über die Jahrhunderte hinweg eine kulturelle Nähe zu Italien, die Tessiner Künstler:innen zu Studienaufenthalten und Erwerbstätigkeit in die italienischen Zentren verleitet. Der Aufschwung des Tourismus in der Schweiz im 18. und 19. Jahrhundert hinterlässt seine Spuren auch im Tessin, welches vermehrt zu einem Motiv malerischer Landschaften wird. Mit der Eröffnung des Gotthardtunnels 1882 entsteht erstmals eine schnelle und direkte Verbindung zwischen dem Süden und Norden der Alpen, die das Reisen und den Austausch zwischen Kunstschaffenden befördert. Im Zuge dieser neuen Beweglichkeit zwischen Nord und Süd wird die Region zu einem Zentrum reger künstlerischer Tätigkeit, in dem verschiedene Persönlichkeiten und Positionen aufeinandertreffen, sichtbar an der Gründung diverser Künstlergruppen wie "Der Grosse Bär" und "I Solidali", oder an den Aktivitäten um die Künstlerkolonie auf dem Monte Verità.

Anhand ihrer eigenen Bestände setzt die Graphische Sammlung ETH Zürich eine Auswahl an Kulminationspunkten künstlerischer Aktivität in und um den Kanton Tessin vom 17. Jahrhundert bis heute in den Fokus. Einerseits wird das Tessin in der Ausstellung als Motiv aufgegriffen: In Landschaftsdarstellungen, als Entstehungsort von Kunst oder als wesentlicher Bestandteil von Künstlerbiografien. Andererseits wird das Tessin als Kulturraum behandelt: als Wirkungsstätte von Kunstschaffenden, als Ort der Begegnung unterschiedlicher Positionen oder als Ort der Inspiration. Präsentiert werden Tessiner Kunstschaffende sowie weitere Künstler:innen, für die der Kanton ein wichtiger Bezugsort in ihrer Tätigkeit darstellt. So reichen die gezeigten Positionen von der Federzeichnung des Pier Francesco Mola (1612–1666), Landschaften von Ludwig Hess (1760–1800) über Werke von Hans Arp (1889–1966), Imre Reiner (1900–1987), Anita Spinelli (1908–2010) oder den in der Druckerei Lafranca entstandenen Grafiken von Mark Tobey (1890–1976) und Flavio Paolucci (*1934) bis zu den Architekturentwürfen von Mario Botta (*1934).

Fokus Tessin.
Künstler:innen in der italienischen Schweiz
23. August bis 12. November 2023
Kuratiert von: Saskia Goldschmid, Graphische Sammlung ETH Zürich