Künstlerische Reflexionen zur Gletscherthematik

Vor der grossen Schmelze waren Gletscher majestätisch und aus den Schweizer Berglandschaften nicht wegzudenken. "Schau, wie der Gletscher schwindet” ist ein dezentrales Kunstprojekt, das sich der künstlerischen Darstellung von Gletscher- und Berglandschaften widmet. Es wird von Museen und weiteren Institutionen im gesamten Alpenraum aufgegriffen. Im Aargauer Kunsthaus liegt der Fokus auf Werke von den späten 1960er-Jahren bis heute, mit einem Exkurs ins 18. Jahrhundert mit Arbeiten Caspar Wolfs. Ergänzend dazu zeigt das Aargauer Kunsthaus "Sammlung 24”: Die aktuelle Sammlungspräsentation reagiert auf die Gletscherthematik und führt das Spannungsfeld Mensch-Natur weiter.

Die Schweiz hat sich in ihrer Geschichte immer als Gebirgsland verstanden. Alpen und Gletscher prägen nicht nur ihre Topografie, sondern auch ihre Kultur, ihre Mythen und auch ihre Ideologien - und sie dienten und dienen als Werbeträger. So ist es nicht verwunderlich, dass das Motiv des Berges in der bildenden Kunst dieses Landes eine grosse Bedeutung hat. Seit dem 17. Jahrhundert faszinieren Gletscher Naturforschende und sie ziehen Kunstschaffende durch ihre Schönheit und scheinbare Ewigkeit an. Im Zeitalter der globalen Erwärmung sind sich die heutigen Künstlerinnen und Künstler jedoch der Zerbrechlichkeit und Verwundbarkeit dieser Eisriesen bewusst.

Kunst, die Natur darstellt, reflektiert immer in irgendeiner Form das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt. Die thematische Ausstellung "Schau, wie der Gletscher schwindet" spürt dieser fragilen und sich ständig verändernden Beziehung nach. Entlang ausgewählter Sammlungswerke werden unterschiedliche Fragestellungen aufgefächert: das Erhabene und das Monumentale der alpinen Natur, die Auseinandersetzung mit dem Klischeebild Alpen, die Natur als Projektionsfläche individueller Gefühlslagen, der Eingriff des Menschen in die Natur, der Tourismus im Hochgebirge, der Klimawandel und die damit zusammenhängende Gletscherschmelze. Die Themen laden dazu ein, über den unaufhaltsamen Gletscherschwund nachzudenken und nachhaltigere Zukunftsszenarien zu entwickeln.

Die Präsentation ist Teil der schweizweiten Kooperation Schau, wie der Gletscher schwindet, die von Lorette Coen, Bernhard Fibicher und Carmen Perrin lanciert wurde. Im Rahmen des Gesamtprojektes finden Ausstellungen und Veranstaltungen in den beteiligten Kunstinstitutionen sowie an weiteren thematisch relevanten Orten im Alpenraum statt. Für den Sommer 2024 ist ein vielfältiges interdisziplinäres Rahmenprogramm geplant.
Mit Sammlung 24 schafft das Aargauer Kunsthaus eine Verbindung und gleichzeitig eine Erweiterung zur Gletscherthematik. Bedeutende Landschafts- und Naturdarstellungen stehen hier im Zentrum. Mit rund 50 Werken von Ende des 19.Jahrhunderts bis in die unmittelbare Gegenwart ist der Wandel dieser für die Schweiz prägenden Motive über Jahrzehnte und Jahrhunderte zu verfolgen. Der Rundgang gleicht einem Wechselbad der Wahrnehmung von Natur und führt durch die unmittelbare Gegenwart mit computergenerierten Berglandschaften, zu Pop-Art und expressionistischen Werken sowie Schlüsselwerken der Sammlung von Giacometti, Hodler oder Böcklin aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Neben Skulpturen und Installationen ist ein wichtiger Teil der Präsentation von Gemälden gewidmet.

Schau, wie der Gletscher schwindet
Sammlung im Fokus

Sammlung 24
Kunst aus der Schweiz vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart
27. Jänner bis 25. August 2024

Kuration Sammlung 24: Simona Ciuccio,
Leitung Sammlung & Ausstellungen
Schau, wie der Gletscher schwindet: Anouchka Panchard,
Wissenschaftliche Mitarbeiterin