Künstlerinnen der chinesischen Gegenwartskunst

Das Museum der Moderne Salzburg zeigt unter dem Titel "Stepping Out! Female Identities in Chinese Contemporary Art" einen umfassenden Überblick über die zeitgenössische künstlerische Produktion von Frauen aus Festlandchina.

Seit der wirtschaftlichen Öffnung Chinas Ende der 1980er-Jahre und seinem wachsenden Einfluss in einer globalisierten Gesellschaft erregt chinesische Gegenwartskunst in der westlichen Welt großes Interesse. Künstlerinnen sind dabei unterrepräsentiert. In der gezeigten Auswahl von 26 Künstlerinnen finden sich sowohl Pionierinnen als auch junge, kaum bekannte Positionen, die mit mehr als hundert Werken aus den Bereichen Malerei, Skulptur, Fotografie, Film, Performance und Installation auf zwei Ausstellungsebenen vorgestellt werden.

Dabei treten chinesische Künstlerinnen bereits seit den späten 1980er-Jahren mit offener und mitunter provozierender Haltung aus dem Schatten ihrer männlichen, die chinesische Gegenwartskunst dominierenden Kollegen heraus. Sie fordern Gleichberechtigung, stellen traditionelle Rollen und Repräsentationsformen infrage und brechen Tabus, um aktuelle Gesellschaftsfragen selbstbewusst in die Öffentlichkeit zu tragen. Im Spannungsfeld zwischen machtvoller Tradition, parteipolitischer Ideologie und wirtschaftlichem Umbruch untersuchen sie individuelle und gesellschaftliche Ängste, Widersprüche und Hoffnungen und legen diese oftmals schonungslos offen.

Ziel von "Stepping out!" ist es, das eklatante Ungleichgewicht in der Sichtbarkeit weiblicher Künstlerinnen aus China zu korrigieren und die enorme Vielfalt und Relevanz ihres künstlerischen Schaffens ins Licht zu rücken. Die Ausstellung stützt sich auf aktuelle Forschungsergebnisse, versteht sich zugleich aber auch in vielfacher Hinsicht als eine Entdeckungsreise in ein noch wenig überschaubares Feld. Mit diesem ambitionierten Unterfangen möchte das Museum der Moderne Salzburg den Künstlerinnen des Landes eine Bühne bieten, um ihren vielfältigen Stimmen Gehör zu verschaffen und ihre Sichtbarkeit zu verstärken; dies insbesondere in Anbetracht dessen, dass sich zurzeit, nach vier Jahrzehnten zunehmender Öffnung und vorsichtiger Liberalisierung die Anzeichen mehren, dass sich China auf dem Weg in eine totalitäre Dystopie befindet. Gerade in einem Klima der Verunsicherung sind die Werke der Künstlerinnen unentbehrlich für die Selbsterkenntnis und zugleich Indikatoren für das Aufbegehren und die Gefährdung des Individuums.

Die Ausstellung beginnt auf Ebene 3 des Museumsstandorts Mönchsberg. Hier werden die ersten 12 Künstlerinnen präsentiert, deren Werke sich thematisch zum Teil überschneiden. Als Kernfragen lassen sich folgende identifizieren:

Wie sieht eine individuelle weibliche (Künstlerinnen-)Biografie vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und politischen Veränderungen Chinas aus?
Was lässt sich aus manchmal schmerzhaften Kindheitserinnerungen und den Wunden der Mütter und Großmütter schöpfen?
Was bedeutet es, zwischen Individualismus und Konformität zu leben, und welche Rolle spielt Solidarität dabei?
Was heißt es, sich als Frau und insbesondere Künstlerin aus gesellschaftlichen Zwängen zu befreien?
Wie können Frauen Geschichten von Frauen neu erzählen?

Auf Ebene 2 setzt die Ausstellung den aufbegehrenden Impuls der Frau in China gegen die Zwänge einer von Männern dominierten Gesellschaft ins Zentrum. Die Arbeiten werden intimer und persönlicher. Vor allem die jüngsten der Künstlerinnen sind unter den 14 hier gezeigten Positionen zu finden. Als dementsprechend radikal und widerständig lassen sich manche der Werke bezeichnen, da sie Selbstverletzung, Wut und Ohnmacht, weibliche Sexualität, Mutterschaft, sexuelle Orientierung und Widerstand thematisieren oder sogar zeigen. Durch den zum Teil emotionalen Charakter dieser Arbeiten wird die Lebenswirklichkeit von Frauen und insbesondere Künstlerinnen in China hier am unmittelbarsten widergespiegelt.

Mit Werken von Bu Hua, Cao Fei, Cao Yu, Chen Qiulin, Chen Zhe, Cui Xiuwen, Fan Xi, Geng Xue, He Chengyao, Hu Yinping, Liang Xiu, Lin Tianmiao, Liu Xi, Li Xinmo, Luo Yang, Ma Qiusha, Peng Wei, Sun Shaokun, Tao Aimin, Tong Wenmin, Wen Hui, Xiang Jing, Xiao Lu, Xing Danwen, Yin Xiuzhen und Yu Hong.

Stepping out!
Female identities in chinese contemporary art
Bis 25. Juni 2023