Kleiner Mann ganz groß: Dustin Hoffman

Nur 1,66 Meter groß ist der am 8. August 1937 in Los Angeles geborene Dustin Hoffman, dennoch gehört er zu den ganz großen Schauspielern Hollywoods. Sieben Mal wurde er für den Oscar nominiert, zwei Mal hat er die begehrte Statuette gewonnen. Das Stadtkino Basel widmet dem Star im März eine Filmreihe, die ein Bild von der Wandlungsfähigkeit Hoffmans vermittelt.

Dustin Hoffman gehört nicht zu den Stars, die mit ihrem Aussehen die Zuschauer ins Kino locken, bietet sich auch nicht für Heldenrollen an, sondern brachte den amerikanischen Durchschnittsmann auf die Leinwand. Ursprünglich wollte er Pianist werden, nahm dann aber Schauspielunterricht, debütierte 1961 am Broadway und bekam 1967 seine erste Filmrolle. Schon mit seinem zweiten Film, Mike Nichols" "The Graduate" ("Die Reifeprüfung", 1967), gelang ihm der internationale Durchbruch.

Ursprünglich wollte Nichols für die Rolle des Benjamin Braddock Robert Redford, entschied sich dann aber für Hoffman, der den unsicheren jungen Mann, der von der Mutter seiner Freundin verführt wird, so überzeugend spielte, dass er dafür sogleich für den Oscar nominiert wurde. Zwei Jahre später brillierte er in John Schlesingers "Midnight Cowboy" ("Asphalt Cowboy", 1969) in der Rolle eines naiven texanischen Tellerwäschers, der davon träumt in New York Karriere zu machen – und wieder folgte eine Oscar-Nominierung.

Auch in einem Western, wie Arthur Penns "Little Big Man" (1970), in dem er mit Maske als 121-Jähriger auf sein Leben, in dessen Verlauf er mehrfach die Fronten zwischen weißen Siedlern und Indianern wechselte, zurückblickt, spielt er keinen Helden, keinen, der aktiv den Lauf der Dinge gestaltet, sondern vielmehr vom Schicksal hin- und hergeworfen wird.

Auch in den Actionfilmen "Straw Dogs" ("Wer Gewalt sät"; Sam Peckinpah, 1971) und "The Marathon Man" (John Schlesinger, 1973) spielt er Durchschnittsbürger. Bei Peckinpah lässt eine gewalttätige Umwelt die Aggressivität, die unter der friedliebenden Oberfläche eines amerikanischen Mathematikers schlummert, ausbrechen, bei Schlesinger wird Hoffman als ahnungsloser Student durch Zufall in Aktionen eines Nazi-Kriegsverbrechers verwickelt.

Als engagierter Journalist Carl Bernstein, der zusammen mit Robert Redford als sein Kollege Bob Woodward, den Watergate-Skandal aufdeckte ("All the President"s Men - Die Unbestechlichen"; Alan J. Pakula, 1976), überzeugte er ebenso, wie als Vater, der im Robert Bentons Scheidungsdrama "Kramer vs. Kramer" (1979) gegen Meryl Streep für das Sorgerecht für sein Kind kämpft. Seinen ersten Oscar gewann er nach drei Nominierungen 1980 für diese Rolle.

Helden und Liebhaber sind keine Rollen für Hoffman, innerhalb des Durchschnittsbürgers kann er aber eine enorme Bandbreite an Charakteren grandios verkörpern. Für Sidney Pollacks Komödie "Tootsie" (1982) schlüpfte er in Frauenkleider, um unter falscher Identität ein Engagement beim Fernsehen zu erhalten. In Volker Schlöndorffs Verfilmung von Arthur Millers Drama "Death of a Salesman" (1985) setzte er als Handlungsreisender Willy Loman seinem Vater ein Denkmal, der als Setdesigner in Hollywood entlassen wurde und dann als Vertreter für einen Möbelhersteller arbeitete. Und mit der Verkörperung des Autisten Ray in Barry Levinsons "Rain Man" (1988) holte er sich nicht nur den zweiten Oscar, sondern veränderte auch weltweit die Wahrnehmung von Autismus.

Ab den 1990er Jahren wurden seine Rollen nicht nur kleiner, sondern tendierten zunehmend auch zu Altersrollen. In Brad Silberlings "Moonlight Mile" (2002) muss er als Vater mit dem Tod seiner Tochter fertig werden, in Marc Forsters "Stranger than Fiction" (2006) spielte er einen schrägen Literaturprofessor und in Joel Hopkins "Last Chance Harvey" ("Liebe auf den zweiten Blick", 2008) durfte er sich im Alter nochmals verlieben. Aber Hoffman war sich auch nicht zu Schade in reinen Kommerzprodukten wie dem zweiten und dritten Teil der "Meet the Fockers"-Serie (2004; 2010) aufzutreten, und er wagte endlich auch selbst Regie zu führen.

Schon 1978 wollte er das Gangster-Porträt "Straight Time" ("Stunde der Bewährung") selbst inszenieren, arbeitete am Drehbuch und beim Casting mit und begann schon zu drehen. Doch dann irritierten ihn die unterschiedlichen Reaktionen und Tipps der Crew, der kleine große Mann bekam es mit der Angst zu tun und überließ die Regie seinem Freund Ulu Grosbard. Auch "Tootsie" war Hoffmans Projekt, wieder war er bei der Entwicklung des Stoffs beteiligt, aber die Regie übernahm dann Sidney Pollack. Weil Pollack nun das Projekt nach seinen Vorstellungen realisieren wollte, kam es bei den Dreharbeiten zu einem heftigen Streit.

Den Traum selbst Regie zu führen, gab Hoffman aber nie auf und hat ihn sich im Alter von 75 verwirklicht: 2012 legte er mit der warmherzigen Komödie "Quartet", in der sich eine Gruppe von pensionierten Musikern sich nicht zur Ruhe setzen will, obwohl sie in einem Altenheim leben, sein Regiedebüt vor.


Trailer zu "The Graduate"